Rz. 220
Voraussetzung einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist, dass bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wurde.
Rz. 221
Durch die Neufassung des § 7 StVG im Rahmen des Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetzes wird eine Halterhaftung nicht mehr nur für den Betrieb eines Kraftfahrzeugs statuiert, sondern auch für den Betrieb eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kfz mitgeführt zu werden. Die Halterhaftung des ziehenden Kraftfahrzeuges besteht somit neben und gesamtschuldnerisch mit der Halterhaftung des Anhängers. Die von der früheren Rechtsprechung zur Halterhaftung des § 7 StVG a.F. entwickelten Grundsätze gelten seit dem 1.8.2002 entsprechend auch für die Halterhaftung des Anhängers.
Rz. 222
Ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist die Rechtswidrigkeit der Schädigung. Anderenfalls würde auch bei verabredeten und gestellten Unfällen eine StVG-Haftung des Halters des Schädigerfahrzeugs bestehen (Rechtfertigungsgrund der Einwilligung).
a) Halter
Rz. 223
Halter eines Kraftwagens ist, wer das Fahrzeug für eigene Rechnung und im eigenen Interesse nicht nur ganz vorübergehend in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt (BGH NJW 1954, 1198; VersR 1978, 233; 1992, 437).
Beachte
Der Halter kann, muss aber keineswegs mit dem Eigentümer identisch sein.
Rz. 224
Auch die Tatsache, auf wen das Kfz zugelassen oder haftpflichtversichert ist, hat für die Frage der Haltereigenschaft keine ausschlaggebende Bedeutung (BGH VersR 1969, 907; OLG Hamm NJW 1990, 2673).
Rz. 225
Wer die Nutzung aus dem Betrieb zieht und die Kosten bestreitet, hat ein Kfz für eigene Rechnung im Gebrauch. Dies ist in erster Linie derjenige, der ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Betrieb des Kfz hat (OLG Hamm DAR 1978, 111).
Rz. 226
Derjenige, der lediglich für kurze Zeit oder vorübergehend die oben genannten Voraussetzungen erfüllt (z.B. der Kfz-Mieter), wird dadurch nicht Halter (BGH VersR 1956, 219; 1992, 237). Daraus folgt, dass nicht jedes Überlassen des Fahrzeugs an einen Dritten die Haltereigenschaft beendet, insbesondere dann nicht, wenn der Überlassende hieraus nach wie vor wirtschaftliche Vorteile zieht (beispielsweise bei Miete oder Leihe, BGH NZV 1992, 145).
Rz. 227
Bei Urlaubsreise ins Ausland können Vermieter und Mieter gemeinsam Halter sein (OLG Hamm zfs 1990, 165).
Rz. 228
Ein Übergang der Haltereigenschaft liegt jedoch immer dann vor, wenn der bisherige Halter für einen nicht unerheblichen Zeitraum die Verfügungsgewalt und damit die Möglichkeit, den Nutzen aus dem Kfz zu ziehen, verliert (BGH zfs 1997, 89).
Rz. 229
Bei Leasingverträgen ist daher regelmäßig der Leasingnehmer als Halter anzusehen (BGH NJW 1983, 1492; OLG Köln zfs 1985, 357). Ein Schadensersatzanspruch aus § 7 StVG des Leasinggebers als Eigentümer gegen den Leasingnehmer als Halter bei einer Beschädigung des geleasten Fahrzeugs besteht allerdings nicht, weil die Halterhaftung nur Schäden abdeckt, die durch den Betrieb des schädigenden Fahrzeugs bei anderen Personen oder anderen Sachen (oder in den Schadensersatzbereich einbezogenen Vermögensbestandteilen) entstehen können (BGH v. 7.12.2010 – VI ZR 288/09 – r+s 2011, 132 = NZV 2011, 179; vgl. Berz/Burmann-Schneider, Kap. 5 C Rn 140).
Zur Zurechnung des Verschuldens des Leasingnehmers als Halter im Rahmen der Haftung des Unfallgegners gegenüber dem Leasinggeber siehe die weiteren Ausführungen in diesem Band (vgl. § 3 Rdn 40 ff.).
b) Betrieb
Rz. 230
Eine weitere Voraussetzung der Halterhaftung nach § 7 StVG ist, dass der Schaden bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs eingetreten ist.
Rz. 231
Der Schaden ist dann beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn er durch die dem Kfz-Betrieb innewohnende Gefährlichkeit adäquat verursacht worden ist. Es müssen sich also die typischerweise von dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ausgehenden Gefahren bei der Entstehung des Schadens ausgewirkt haben, d.h. bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung muss das Schadensgeschehen durch das Kfz (mit-)geprägt worden sein (BGH v. 24.3.2015 – VI ZR 265/14 – zfs 2015, 495).
Rz. 232
Zwar reicht die bloße Anwesenheit des Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass das Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung – z.B. Parkweise – zu der Entstehung des Schadens in irgendeiner Weise beigetragen hat (EuGH zfs 2018, 155; VersR 2019, 1008; BGH NJW 1972, 1808; 1988, 2802; VersR 2017, 311). Maßgeblich ist, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht (BGH v. 21.1.2014 – VI ZR 253/13 – VersR 2014, 396). Eine Berührung zwischen den am Unfallgeschehen beteiligten Fahrzeugen ist nicht Voraussetzung für eine Haftung aufgrund des Betriebs gem. § 7 Abs. 1 StVG, sodass es z.B. ausreichen kann, dass der Geschädigte durch den Betrieb eines anderen...