Prof. Dr. Alexander Krafka, Prof. Dr. Sabine Otte
Rz. 112
Von besonderer praktischer Bedeutung ist der Prüfungsumfang des Registergerichts bei Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer GmbH. Seitens der Gerichte wird hierbei die materielle Prüfung unabhängig davon wahrgenommen, ob – wie z.B. bei Änderungen in der Geschäftsführung – die Eintragung deklaratorische Wirkung hat oder – wie etwa bei Satzungsänderungen – konstitutive Wirkung. Wie die Vorschriften der §§ 39, 54 GmbHG deutlich machen, sind stets Niederschriften über die der angemeldeten Tatsache zugrunde liegende Beschlussfassung mit dem Antrag auf Registereintragung einzureichen, sodass das Gericht diese auch auf ihre sachliche Richtigkeit überprüfen kann.
Rz. 113
Für das Gericht beschränkt sich die Kontrolle darauf, ob die der angemeldeten Tatsache entsprechenden Beschlüsse nichtig sind. Lediglich anfechtbare Beschlüsse dürfen hingegen nicht beanstandet werden, da es letztlich den Betroffenen offensteht, ob sie den Beschluss anfechten wollen oder voll wirksam werden lassen.
Hinweis
Bei streitigen Verhältnissen kann das Registergericht nach §§ 21, 381 FamFG das Verfahren bis zur prozessgerichtlichen Entscheidung aussetzen oder einem der Beteiligten eine Frist zur Erhebung der Klage bestimmen. Bei einer nachträglichen Nichtigerklärung aufgrund Anfechtungsklage ist sodann nach § 248 AktG vorzugehen.
Rz. 114
Wie dargestellt, hat das Registergericht die Beschlussfassung nur dann näher zu prüfen, wenn die registerführende Person insb. aufgrund des Akteninhalts oder der unschlüssigen Darlegung des Antragstellers objektiv begründete Zweifel hat. Für den formalen Ablauf der Gesellschafterversammlung ist das Registergericht dabei zunächst an die in der Niederschrift formgerecht enthaltenen Feststellungen des Versammlungsleiters gebunden, sofern nicht bspw. dessen Feststellung des Beschlussergebnisses offensichtlich und zweifelsfrei willkürlich war. Entsprechendes gilt, wenn die Beschlussfassung notariell beurkundet wurde oder wenn die Unterzeichnung des Beschlusses durch sämtliche Gesellschafter im Rahmen einer Vollversammlung oder eines Umlaufbeschlusses erfolgt ist.
Hinweis
Sehr umstritten ist die Frage, ob das Registergericht berechtigt ist, nachzuprüfen, ob die an der Beschlussfassung teilnehmenden Personen tatsächlich befugt waren, das von ihnen in Anspruch genommene Stimmrecht auszuüben.
Rz. 115
Ausgangspunkt hierzu ist der Umstand, dass auch im Recht der GmbH entsprechend § 241 Nr. 1 AktG ein gefasster Beschluss dann nichtig ist, wenn einzelne Gesellschafter nicht ordnungsgemäß zur Versammlung geladen wurden. Im Fall einer Vollversammlung liegt es danach nahe, anzunehmen, dass der gefasste Beschluss dann nichtig ist, wenn an der Abstimmung nicht wirklich alle Gesellschafter teilgenommen haben oder ordnungsgemäß vertreten waren. Allerdings trifft diese Auffassung nur eingeschränkt zu, da nach der Vorschrift des § 16 GmbHG die Gesellschafterliste materiell-rechtliche Bedeutung hat. Entscheidend für die Berechtigung zur Stimmrechtsausübung ist daher nicht allein die Stellung als Mitgesellschafter, sondern die Aufnahme in der Gesellschafterliste. Das Registergericht hat sich daher an § 16 GmbHG zu orientieren.
Hinweis
I.S.d. erwähnten Plausibilitätsprüfung kann daher das Registergericht regelmäßig davon ausgehen, dass eine Person, die seitens der Gesellschaft als Anteilsinhaber geführt wird, auch stimmberechtigt an Gesellschafterversammlungen teilnehmen darf. Anhaltspunkt für die Durchführung dieser Kontrolle von Gesellschafterbeschlüssen hat somit die in das Handelsregister aufgenommene aktualisierte Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) zu sein.
Rz. 116
Weitere Ermittlungen seitens des Registergerichts sind daher nur dann zu veranlassen, wenn die abstimmenden Personen nicht mit denjenigen der aktuellen Gesellschafterliste identisch sind.