Ivana Bugarin, Michael Brunner
Rz. 96
Bei Schriftstücken mit besonderer Versendungsform handelt es sich um solche, bei denen ein zeitlicher Nachweis darüber zu führen ist,
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dass dem Empfänger das Schriftstück zugestellt wurde, |
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wann das Schriftstück dem Empfänger zugestellt wurde. |
Es ist in keinem Fall ausreichend, ein empfangsbedürftiges Schriftstück frankiert in den Briefkasten einzuwerfen, denn wie wollen Sie im Streitfall nachweisen, dass der Empfänger das empfangsbedürftige Schriftstück erhalten hat?
Bei dieser Versendungsform sollte vorher eine Anweisung des RA oder des zuständigen Sachbearbeiters erfolgen, welche Versendungsform für das jeweilige Schriftstück zu erfolgen hat.
Generell sollten empfangsbedürftige Schriftstücke, sofern möglich, vorab per Telefax, übermittelt werden.
Rz. 97
Beachten Sie jedoch, dass eine Übermittlung von Schriftstücken nicht immer die Wirkung hat, dass eine ordnungsgemäße Zustellung erfolgte. Wenn in dem Gesetz die Schriftform eines Schriftstücks vorgeschrieben ist (§ 126 BGB), so muss dieses Schriftstück dem Empfänger im Original vorliegen. Zwar hat der Empfänger Kenntnis von dem Schriftstück. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht eingehalten wurde. Solange dem Empfänger das Schriftstück lediglich per Telefax vorliegt, muss es von ihm nicht beachtet werden. Die Übermittlung per Telefax hat keinerlei Wirkung. Vielmehr hat die Nichteinhaltung der Schriftform die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge (§ 125 BGB).
Beispiel:
M beauftragt RA R mit der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses. Die Kündigung des Wohnraummietverhältnisses ist gem. vertraglicher Vereinbarung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. M beauftragt den RA am 27.09. mit der Kündigung des Mietverhältnisses. Um eine wirksame Kündigung des Mietverhältnisses Ende Dezember dieses Jahres zu erreichen, muss die Kündigung des Mietverhältnisses spätestens am 03.10. in Schriftform an den Vermieter erfolgen. Liegt dem Vermieter das Kündigungsschreiben jedoch am 03.10. lediglich per Telefax vor, so ist keine wirksame Kündigung des Mietverhältnisses erfolgt. Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses bedarf der Schriftform (§ 568 Abs. 1 BGB).
Rz. 98
Mögliche Versendungsformen empfangsbedürftiger Schriftstücke:
a) Versendung durch die Post
Rz. 99
Beim Versenden mittels Einschreiben gegen Unterschrift beim Empfänger erhalten Sie den Nachweis über die Einlieferung des Briefes bei dem Empfänger.
Die Auslieferung an den Empfänger erfolgt nur gegen Unterschrift an den Empfänger, seinen Bevollmächtigten oder einen anderen Empfangsberechtigten.
Rz. 100
Folgende Arten Einschreiben gibt es:
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Einschreiben-Rückschein Zusätzlich zu dem Einlieferungsnachweis von der Post, erhalten Sie eine Empfangsbestätigung mit der Originalunterschrift des Empfängers/Empfangsberechtigten, die den Erhalt der Briefsendung dokumentiert. Wird der Empfänger der Sendung jedoch nicht angetroffen, wird eine Benachrichtigungskarte hinterlegt. Das Schriftstück ist von dem Empfänger oder von einem zum Empfang der Sendung Bevollmächtigten bei der Post abzuholen. Bei fristwahrenden oder empfangsbedürftigen Schriftstücken ist zu beachten, dass das Schriftstück erst dann zugestellt ist, wenn die persönliche Übergabe bzw. die Abholung des Schriftstücks durch den Empfänger (oder Bevollmächtigten) erfolgte. Holt der Empfänger das Schriftstück nicht innerhalb von sieben Tagen ab, wird es an den Absender zurück gesandt. |
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Einwurf-Einschreiben Hier erfolgt ein Nachweis darüber, dass die Sendung in den Briefkasten (oder Postfach) des Empfängers eingeworfen wurde. Nach einer Entscheidung des OLG Koblenz (Urt. v. 11.1.2006 – 11 WF 1013/04) reicht das Einwurf-Einschreiben als Nachweis nicht aus, da keine persönliche Aushändigung des Schriftstücks an den Adressaten erfolgt. Im Streitfall kann nicht bewiesen werden, dass das Schriftstück den richtigen Empfänger erreicht hat. |
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Einschreiben-Eigenhändig Bei dieser Versendungsform wird die Sendung nur an den Empfänger persönlich oder an einen von dem Empfänger ausgewählten Bevollmächtigten übergeben. |
Rz. 101
Hinweis:
Keine der genannten Versendungsformen durch die Post ist m.E. aufgrund der ausgeführten Folgen bei Nichtantreffen der Parteien (Benachrichtigungskarte und Rücksendung nach sieben Tagen bzw. fehlender Nachweis der Zustellung an den richtigen Empfänger) bei fristwahrenden und/oder empfangsbedürftigen Schriftstücken zu empfehlen.
b) Versendung durch Boten/Kurier
Rz. 102
Der Vorteil eines Boten- oder Kurierdienstes besteht darin, dass eilige Sendungen grds. schnell gegen Nachweis zugestellt werden.
Zu empfehlen ist bei dieser Versendungsform die Anforderung, dass der Kurierdienst – i.d.R. erfolgt dies gegen einen Preisaufschlag – unter seiner namentlichen Benennung die Zusendung des Schriftstücks schriftlich bestätigt.
Der Auftrag an den Boten-/Kurierdienst sollte zunächst dahin gehend lauten, dass eine persönliche Zustellung an den Empfänger versucht werden soll und anderenfalls die Sendung in den Briefkast...