Rz. 21
Für den Vertragsgegner des Erblassers gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 104 ff. BGB): der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige kann den Erbvertrag selbst abschließen oder sich von seinem gesetzlichen Vertreter vertreten lassen; der geschäftsunfähige Vertragsgegner muss durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten werden. § 2274 BGB, wonach der Erblasser einen Erbvertrag nur persönlich schließen kann, gilt auch nicht analog für den Vertragspartner, also den Minderjährigen. Näher dazu Rdn 22.
Ist der Erblasser ein Elternteil oder zählt er zu den Personen des § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB, so scheitert der Abschluss eines Erbvertrags nicht, weil der Minderjährige durch den Vertrag keinen rechtlichen Nachteil (vgl. § 107 BGB) erleidet. Sowohl § 181 BGB wie § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB werden nach heutiger allgemeiner Meinung nicht auf rechtlich vorteilhafte oder rechtlich neutrale Rechtsgeschäfte angewandt. Das gilt bei einem beschränkt geschäftsfähigen Vertragschließenden ebenso wie für einen geschäftsunfähigen.
Rz. 22
Ist der Minderjährige beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB), so kann er selbst ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters das Erbvertrag-Vertragsangebot annehmen. Der Minderjährige erlangt dadurch einen rechtlichen Vorteil gemäß § 107 BGB, weil der Erblasser nunmehr rechtlich an ihn gebunden ist, der Minderjährige also eine unentziehbare Rechtsposition erlangt. Diese ist auch wirtschaftlich verwertbar: Er kann z.B. die Zustimmung zur Aufhebung des Vertrags von einer Zahlung abhängig machen. Auf den Inhalt des Erbvertragskommt es also nicht an.
Auch wenn man in der genannten vorteilhaften Rechtsposition keinen rechtlichen Vorteil im Sinne des § 107 BGB erblicken will, sondern ein rechtlich neutrales Rechtsgeschäft annimmt, so bedarf der Minderjährige zum Abschluss des Erbvertrags nicht der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, weil man das rechtlich neutrale Rechtsgeschäft wie ein rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft behandelt. Auf den Inhalt der Verfügung von Todes wegen soll es nicht ankommen. Nach einer anderen Ansicht kommt es auf den Inhalt des Erbvertrags an. Rechtlich neutral soll das Rechtsgeschäft nur sein, wenn ein Dritter im Erbvertrag bedacht ist; vorteilhaft sei der Vertrag, wenn der Minderjährige selbst im Erbvertrag bedacht ist. Dies soll auch dann gelten, wenn der zum Erben oder Vermächtnisnehmer bestimmte Minderjährige mit Auflagen, Vermächtnissen oder einer Testamentsvollstreckung beschwert ist, weil diese Anordnungen den Minderjährigen nicht beim Vertragsschluss unmittelbar belasten.
Ist mit dem einseitigen Erbvertrag ein anderer Vertrag im Sinne des § 139 BGB verbunden (vgl. Rdn 14), in dem der Minderjährige selbst Verpflichtungen übernimmt, so erwirbt der Minderjährige durch den Vertragsschluss keinen rechtlichen Vorteil (§ 107 BGB).