Rz. 16
Der Verkäufer eines Neuwagens hat wegen der oft monatelangen Lieferzeit ein Interesse daran, den Kaufpreis nach Vertragsschluss zu seinen Gunsten den Gegebenheiten bei Auslieferung des Fahrzeugs einseitig anzupassen. Treffen die Parteien darüber keine Vereinbarung, bleibt es bei dem bei Vertragsschluss vereinbarten Kaufpreis unabhängig von der Lieferzeit. Wird der so vereinbarte Kaufpreis als "gegenwärtiger Preis" bezeichnet, kann dies nicht als rechtlicher Anknüpfungspunkt für eine spätere Preisanpassung verwendet werden.
Grundsätzlich kann das Recht des Verkäufers zur Preisanpassung durch eine Individualabrede mit dem Käufer oder durch Einbeziehung einer entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingung vereinbart werden.
I. Vertragliche Preisänderungsvereinbarung
Rz. 17
Eine Individualabrede lässt den Parteien vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit die größten Gestaltungsmöglichkeiten. Entscheidend ist dabei, dass in Abgrenzung zur formularmäßigen Regelung der Käufer zur Wahrung seiner Interessen Einfluss auf die Gestaltung und den Inhalt der vertraglichen Regelung nehmen kann und dies nicht durch deren Vorformulierung ausgeschlossen ist.
Rz. 18
Eine Tagespreisklausel kann auch für einen Zeitraum von weniger als vier Monaten zwischen Vertragsschluss und vereinbartem Liefertermin zwischen den Parteien vereinbart werden. Die Formulierung "... es wird der am Tag der Lieferung gültige Listenpreis berechnet..." ist als individuelle Regelung wirksam.
Rz. 19
Wählen die Parteien eine Formulierung, die eine Bezifferung des Kaufpreises vermeidet, wie "Kaufpreis freibleibend" oder "Kaufpreis vorbehalten" ist dies zwar rechtlich unbedenklich, erfordert jedoch eine Auslegung. Sie kann als Vereinbarung eines Tages- oder Marktpreises verstanden werden, wonach der Käufer den am Erfüllungsort zur Erfüllungszeit durchschnittlichen Preis zu entrichten hat, oder aber als Leistungsbestimmungsrecht des Verkäufers gem. § 315 BGB, der dann nach billigem Ermessen den Kaufpreis festlegt. Für die letztere Auslegungsvariante trägt der Verkäufer die Beweislast. Aus Käufersicht ist es ratsam, entweder eine genaue Ausgestaltung solcher Formulierungen festzulegen oder ganz von ihnen Abstand zu nehmen und eine exaktere Formulierung zu wählen, die sich an den vom BGH vorgegebenen strengeren Voraussetzungen der entsprechenden Klauseln in den AGB orientiert.
Rz. 20
Die vertragliche Vereinbarung sollte bei einer Preisbestimmung durch den Verkäufer gem. § 315 BGB ein Rücktrittsrecht des Käufers für den Fall vorsehen, dass die Erhöhung des Preises den Anstieg der allgemeinen Lebenshaltungskosten übersteigt. Der Käufer ist dadurch auch bei einer Individualabrede vor allzu gravierenden und vor allem unangemessenen Preiserhöhungen geschützt.
Rz. 21
Die Aufnahme einer Tagespreisklausel in die Auftragsbestätigung, stellt gem. § 150 Abs. 2 BGB eine Ablehnung des Käuferangebots verbunden mit einem neuen Angebot des Verkäufers dar. Es bedarf der ausdrücklichen oder konkludenten Annahme durch den Käufer, damit der Kaufvertrag wirksam zustande kommt. Schweigen des Käufers gilt nicht als Zustimmung.
II. Formularmäßige Preisänderungsvereinbarung
Rz. 22
Der BGH hat formularmäßig vorgesehene Erhöhungen des Fahrzeugkaufpreises bei einem Zeitraum von weniger als vier Monaten zwischen Vertragsschluss und Lieferung für gem. § 307 BGB grundsätzlich unwirksam erklärt. Auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kann durch AGB nur für den Fall einer Lieferung des Fahrzeugs mehr als vier Monate nach Vertragsschluss weitergegeben werden.
Bewogen hat den BGH zu seiner Entscheidung eine Interessenabwägung, die zugunsten des Käufers ausfiel, der einer Preiserhöhung durch den Verkäufer nicht unbegrenzt ausgesetzt sein soll.
Auch nach Ablauf der Viermonatsfrist ist eine Preisanpassung aufgrund von Kostensteigerungen beim Verkäufer gegenüber Nichtkaufleuten nur zulässig, wenn für den Anlass und die Höhe ein sachlich gerechtfertigter Grund besteht.
Der ist anzunehmen, wenn das Kostensteigerungsrisiko bei Beachtung des Vertragszwecks und gesetzlicher Grundgedanken auf den Käufer abgewälzt werden darf. Grundsätzlich ist das Bedürfnis, die zwischen Vertragsschluss und Liefertermin entstandenen Kosten abzuwälzen, bei Verträgen mit langen Lieferzeiten berechtigt. Betriebsbedingte Kostensteigerungen, wie Planungs-, Entwicklungs- und Fabrikationsfehler, die durch vom Verkäufer zu vertretende Umstände verursacht worden sind, können jedoch nicht an den Käufer weitergegeben werden. Bevorstehende Kostensteigerungen können nicht vorweg berücksichtigt werden, ebenso darf ein nach Marktlage erzielbarer höherer Gewinn nicht in den Preis einbezogen werden.
Rz. 23
Sachlich begründet sind dagegen Preiserhöhungen, die durch bereits gestiegene Materialkosten, Löhne, Importabgaben und Steuern begründet werden. Auch die Weitergabe von Preise...