Rz. 33
Der synallagmatische Kaufvertrag sieht als Hauptpflicht des Käufers die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises vor, § 433 Abs. 2 BGB. Voraussetzung der Zahlungsverpflichtung ist gem. § 271 BGB, dass der Kaufpreis fällig ist. Die Fälligkeit des Kaufpreises und der Nebenleistungen besteht nach Abschn. III. Nr. 1 NWVB, ab Übergabe des Kaufgegenstandes und Aushändigung der Rechnung zur Zahlung. Daraus ergibt sich auch die Verpflichtung des Verkäufers zur Erteilung einer Rechnung. Bis dahin kann der Käufer die Zahlung gem. § 273 BGB zurückhalten. Die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) kann der Käufer dem Zahlungsverlangen des Verkäufers entgegenhalten, wenn das Neufahrzeug mängelbehaftet ist.
Rz. 34
Mittlerweile bedienen sich die meisten Käufer der Inzahlunggabe ihres Altwagens, um den Neuwagen zu finanzieren. Der Wert des alten Fahrzeugs soll auf den Kaufpreis des neuen "angerechnet" werden. Der rechtlich unterschiedlichen Einordnung dieser Praxis liegt die Frage zugrunde, wie die Risikoverteilung der Parteien sinnvollerweise vorzunehmen ist, d.h. wer das Risiko der Mangelhaftigkeit oder des Untergangs des Altwagens tragen soll.
I. Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis
Rz. 35
Der BGH hat die Inzahlunggabe schon früh als Fall der Leistung an Erfüllung statt (§§ 346, 365 BGB) eingestuft. Die Inzahlungnahme des Altfahrzeugs wurde bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 1967 als vertragliche Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis des Verkäufers im Rahmen eines einheitlichen Kaufvertrages über das Neufahrzeug angesehen. Die Hingabe des alten Fahrzeugs bringe den Kaufpreisanspruch in der vereinbarten Höhe als Leistung an Erfüllung statt nach § 364 Abs. 1 BGB zum Erlöschen. Der Käufer hafte daher für die Mängel des Altwagens gem. § 365 BGB wie ein Verkäufer. Dies entspreche der Interessenlage, da es dem Verkäufer wesentlich auf den Neuwagenverkauf ankomme und dem Käufer auf dessen Erwerb, nicht jedoch auf die Veräußerung des Altwagens.
Bei andersgearteter Interessenlage sei aber auch eine vom typischen Fall abweichende Regelung möglich, etwa wenn es dem Erwerber darauf ankomme, das gesamte Geschäft davon abhängig zu machen, dass er seine Gegenleistung gerade durch Hingabe seines Altfahrzeugs erbringen könne.
Rz. 36
Bei Untergang des Altfahrzeugs vor Übergabe oder Mangelhaftigkeit nach Übergabe konnte der Händler vom Käufer Wandlung oder Minderung verlangen. Machte der Händler Minderung geltend, war der Käufer des Neufahrzeugs in Höhe des Minderungsbetrages zur Nachzahlung in bar an den Händler verpflichtet.
Rz. 37
Bei der Wandlung war früher eine sofortige Klage auf Zahlung des Forderungsbetrages möglich, auch wenn lediglich ein Anspruch des Händlers auf Wiederbegründung der Forderung und nicht die ursprüngliche Kaufpreisforderung ipso iure bestand. Nach Ansicht des BGH galten bei Untergang des Gebrauchtwagens vor Übergabe infolge Zerstörung oder Abhandenkommens aufgrund der Ausgestaltung als bloße Befugnis zur Ersetzung gerade nicht die §§ 275 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB a.F., die eine Leistungspflicht fordern, so dass der Käufer den vollen Kaufpreis für das Neufahrzeug entrichten musste, ohne sich vom Vertrag befreien zu können, weil die Störung der Vertragsabwicklung aus der Sphäre des Käufers kam. Immerhin hat der BGH durch die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses für Verschleißmängel die Einstandspflicht – wenn auch in geringem Umfang – begrenzt.
Rz. 38
Die Wandlung des Vertrages durch den Käufer aufgrund eines Mangels des Neufahrzeugs gab diesem nur das Recht auf Herausgabe des Altwagens, nicht aber auf Zahlung des auf den Kaufpreis angerechneten Geldbetrages. Auch das Risiko des Wertverlustes zwischen Hingabe und Rückabwicklung trug der Neuwagenkäufer, da es nicht durch eine Nutzungsentschädigung gem. §§ 347 S. 2 BGB a.F., 987 BGB gedeckt sei.
Rz. 39
Allein das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft eröffnete nach dieser Ansicht dem Käufer die Möglichkeit, Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. § 463 BGB a.F. zu verlangen und den "großen" Schadensersatz zu wählen. Nur in diesem Fall könne der Neuwagenkäufer nicht nur den bar gezahlten Kaufpreis, sondern auch den Anrechnungsbetrag für sein Altfahrzeug verlangen.
II. Mischvertrag aus Kauf und Tausch
Rz. 40
Die Einordnung der Rechtsprechung und ihre Folgen für den Käufer brachten ihr den Ruf ein, einseitig Händlerinteressen zu vertreten. Die Literatur und auch die neuere Rechtsprechung ge...