Rz. 540
Kindergeld erhält nach § 62 Abs. 1 EStG im Sinne einer Bezugsberechtigung, wer im Inland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat bzw. unbeschränkt steuerpflichtig ist und bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sofern diese Voraussetzungen auf sie zutreffen, sind auch Bürger von EU-Mitgliedsstaaten in Deutschland Kindergeld bezugsberechtigt. Für den Kindergeldbezug sonstiger Ausländer ist es erforderlich, dass diese im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung sind (§ 62 Abs. 2 EStG).
Rz. 541
Praxistipp
Erfüllt ein im Ausland lebender barunterhaltspflichtiger Elternteil die Voraussetzungen für den Kindergeldbezug nach dem Recht seines Aufenthaltsortes, dort der Bezug aber wegen des nach deutschem Recht gewährten Kindergelds ruht, wird das deutsche Kindergeld hälftig bedarfsdeckend angerechnet.
Rz. 542
Die Berechtigung zum Kindergeldbezug besteht uneingeschränkt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs des Kindes (§§ 63 Abs. 1, 32 Abs. 3 EStG). Sofern sich das Kind ab Volljährigkeit – noch – in Ausbildung befindet, verlängert sich die Bezugsberechtigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, zuzüglich der Dauer eines freiwilligen Wehr- und Zivildienstes oder eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres (§ 32 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 4 EStG), wenn das Kind sich in einer ersten Berufsausbildung befindet oder das Erststudium betreibt. Zu beachten ist, dass es auf das Jahreseinkommen des Kindes im Hinblick auf den Kindergeldbezug nicht – mehr – ankommt, allerdings auf den Umfang seiner Erwerbstätigkeit, der 20 Wochenstunden nicht überschreiten darf (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).
Rz. 543
Die Kindergeldbezugsberechtigung besteht auch für körperlich, geistig oder seelisch behinderte Kinder, sofern die Behinderung vor der Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 EStG). Die Behinderung muss so schwer sein, dass der geistige Zustand des Behinderten dem typischen Entwicklungsstand einer noch minderjährigen Person entspricht.
Rz. 544
Bei hohen Einkünften kann das sächliche Existenzminimum als Steuerfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG statt des Kindergelds geltend gemacht werden. Außerdem kann bis zum 16. Lebensjahr und bei behinderten Kindern ein Betreuungsfreibetrag von derzeit 1.320 EUR je Elternteil (§ 32 Abs. 6 EStG) geltend gemacht werden. Die Prüfung, ob für den Betreffenden die Auszahlung des Kindergelds oder die Steuerfreibeträge günstiger sind (Familienlastenausgleich, § 31 EStG), führt das Finanzamt im Rahmen der Veranlagung zur Einkommenssteuer in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum durch, ein diesbezüglicher Antrag des/der Steuerpflichtigen ist nicht erforderlich.
Rz. 545
Praxistipp
Nur unter den engen Voraussetzungen des § 74 EStG kommt eine Auszahlung des Kindergelds direkt an das Kind in Betracht.