Rz. 546
§ 1612 Abs. 1 und 3 regeln die Art der Unterhaltsgewährung, nämlich die Ausgestaltung des Anspruchs auf Barunterhalt, seine Ausnahmen und die Modalitäten der Erfüllung der Unterhaltsschuld. § 1612 Abs. 2 trifft Bestimmungen für den Fall, dass Eltern einem unverheiratetem Kind Unterhalt zu gewähren haben, mit dem Inhalt, dass die Eltern bestimmen können, in welcher Art und Weise und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll.
Rz. 547
Praxistipp
Die Unterhaltsbestimmung der Eltern ist nur dann rechtswirksam, wenn auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen worden ist.
Rz. 548
Die Eltern haben gegenüber dem unverheirateten Kind, sofern sie auf dessen Belange Rücksicht nehmen, die Art der Unterhaltsleistung (Natural- oder Barunterhalt) zu bestimmen. Die Bestimmung für die Eltern ist nur wirksam, wenn auf die Belange des Kindes tatsächlich Rücksicht genommen worden ist. Im Rahmen der Prüfung, ob dies in angemessenem Umfang erfolgt ist, müssen die Interessen der Eltern und des unverheirateten Kindes gegeneinander abgewogen werden. Eine wirksame Unterhaltsbestimmung schließt den Unterhaltsanspruch des Kindes aus, wenn es den Unterhalt nicht annimmt, und bindet darüber hinaus das Gericht.
Rz. 549
Praxistipp
Das Familiengericht entscheidet sowohl über den Unterhaltsanspruch als auch die Art seiner Gewährung in einem einheitlichen Verfahren. Sofern das Kind die Unterhaltsbestimmung durch die Eltern nicht akzeptieren will, kann und muss es seine Einwände im familiengerichtlichen Unterhaltsverfahren geltend machen. Das Familiengericht hat dann die Interessen der Beteiligten im Rahmen der Prüfung, ob auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird (§ 1612 Abs. 2 Satz 1), gegeneinander abzuwägen.
a) Grundsätzliches zur Barunterhaltszahlung
Rz. 550
Betreut der Unterhaltsschuldner das unterhaltsberechtigte minderjährige oder privilegiert volljährige Kind nicht, ist er zum Unterhalt in Form von Barunterhalt verpflichtet.
aa) Inhalt des Barunterhalts
Rz. 551
Grundsätzlich ist der Unterhaltsanspruch als Geldschuld durch Barzahlung, monatlich im Voraus, zu erfüllen, es sei denn, er wird durch Pflege und Erziehung eines minderjährigen Kindes (Betreuungsunterhalt, § 1606 Abs. 3 Satz 2) erbracht. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist möglich, wenn
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die Beteiligten des Unterhaltsschuldverhältnisses etwas anderes vereinbaren, was regelmäßig hinsichtlich der Zahlungsweise geschieht, oder |
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wenn der Schuldner aufgrund besonderer Umstände verlangen kann, dass der Unterhalt in anderer Form geleistet wird (Schuldnerprivileg, § 1612 Abs. 1 Satz 2). Die Abweichung vom Grundsatz der Zahlung in Geld erfolgt dann aufgrund gerichtlicher Entscheidung. |
Rz. 552
Die Unterhaltszahlung als Geldrente muss auf das vom Gläubiger benannte Konto erfolgen. Die Zahlung durch Überweisung auf ein Konto des Unterhaltsgläubigers ist eine Leistung an Erfüllung statt nach § 364. Sie ist grundsätzlich – unabhängig von den mathematischen Regeln – auf volle EUR-Beträge aufzurunden. Sonderbedarf ist unregelmäßig durch Einmalzahlung neben der Unterhaltsrente zu leisten. Allerdings können die Beteiligten auch hinsichtlich des Sonderbedarfs die ratenweise Zahlung durch den Unterhaltsschuldner vereinbaren.
bb) Unterhaltszahlung "unter Vorbehalt"/"ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht"
Rz. 553
Nimmt der Unterhaltsschuldner die Leistung an den Unterhaltsgläubiger "unter Vorbehalt" vor, kann er damit zwei Ziele verfolgen.
Rz. 554
Durch die "Leistung unter Vorbehalt"/"ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht" wird zum einen vermieden, dass die Leistung als Anerkenntnis gewertet und die Wirkung des § 814 ausgeschlossen wird, sodass sich der Unterhaltsschuldner die Möglichkeit offen hält, die Unterhaltszahlung als das "Geleistete" im bereicherungsrechtlichen Sinne nach § 812 – auch nur teilweise – zurückzufordern. Die Unterhaltszahlung "unter Vorbehalt" ist eine ordnungsgemäße Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung, sodass die Zwangsvollstreckung aus vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen abgewendet werden kann.
Zum anderen wird ausnahmsweise dem Unterhaltsgläubiger als Leistungsempfänger die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs im Rahmen eines späteren Rückforderungsrechtsstreits auferlegt. In diesem Fall kann die "Zahlung unter Vorbehalt" keine Erfüllungswirkung entfalten.
cc) Fälligkeit "monatlich im Voraus"
Rz. 555
Die Unterhaltszahlung ist nach § 1612 Abs. 3 Satz 1 monatlich im Voraus in voller Höhe fällig, da der Unterhaltsberechtigte bereits zu Beginn des jeweiligen Monats über den Gesamtunterhaltsbetrag verfügen können muss. Der Unterhalt dient der Existenzsicherung und der Unterhaltsgläubiger muss daher in der Lage sein, die laufenden Verpflichtungen zu bedienen.
Rz. 556
Also muss der Unterhaltsgläubiger jedoch nicht bereits am ersten Tag eines Monats über die Unte...