Rz. 494
Die Unterhaltspflicht der Großeltern gegenüber dem Enkelkind kann im Wege der Ausfallhaftung nach § 1607 Abs. 1 oder im Wege der Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 2 auftreten.
(1) Ausfallhaftung
Rz. 495
Die teilweise oder gänzliche Leistungsunfähigkeit des vorrangig pflichtigen Unterhaltsschuldners (Primärschuldner) lässt die Unterhaltspflicht des nachrangigen Unterhaltsschuldners (Sekundärschuldner) originär einstehen, wenn und soweit der Primärschuldner nach Ausschöpfung aller unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten ausfällt.[665]
Rz. 496
Praxistipp
Sofern sich die Leistungsfähigkeit des Primärschuldners nur aus der Zurechnung fiktiver Einkünfte ergibt, liegt kein Fall des Anwendungsbereichs des § 1607 Abs. 1 vor.[666]
Rz. 497
Bevor die Großeltern als Sekundärschuldner für den Kindesunterhalt haften, schuldet der zweite Primärschuldner, nämlich der Kinder betreuende Elternteil den Unterhalt, sofern er neben der Betreuung des oder der Kinder dessen/derer Barbedarf ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts teilweise oder gar in vollem Umfang sichern kann.[667] Also muss der betreuende Elternteil eine Erwerbstätigkeit aufnehmen bzw. ausweiten, um den Barunterhaltsanspruch des/der Kinder erfüllen zu können. Erst wenn und soweit der zweite Primärschuldner dies nicht unter Berücksichtigung der Belange der Familie,[668] insbesondere der Betreuungsbedürftigkeit eines minderjährigen Kindes, leisten kann, entsteht die originäre Haftung der Großeltern.
Rz. 498
Praxistipp
Beim – zweiten – Primärschuldner ist der eigene angemessene, nicht notwendige Unterhalt zu berücksichtigen.[669]
(2) Ersatzhaftung
Rz. 499
Ist die Rechtsverfolgung gegen den/die erstrangig Unterhaltspflichtigen (Primärschuldner) im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert, aber auch wenn davon auszugehen ist, dass die Vollstreckung erfolglos bleiben wird, da sich die Leistungsfähigkeit des Primärschuldners alleine aus der Zurechnung fiktiver Einkünfte ergibt,[670] greift die Ersatzhaftung der Großeltern nach § 1607 Abs. 2 ein.
Rz. 500
Die Großeltern werden als Sekundärschuldner gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig. Allerdings entsteht die Unterhaltsverpflichtung der Großeltern nicht wie bei § 1607 Abs. 1 originär, sondern die Großeltern sind Sekundärschuldner nach § 1607 Abs. 2, die die Primärschuldner in Regress nehmen können, indem der Anspruch des Kindes im Wege der Legalzession auf die tatsächlich Unterhalt zahlenden Großeltern übergeht.[671]
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