Rz. 874

Nach § 1602 Abs. 2 müssen Volljährige anders als minderjährige Verwandte den Stamm ihres Vermögens grundsätzlich nicht verwerten, da dieses Vermögen dem späteren Aufbau einer eigenen Lebensstellung dienen soll. Dieser Grundsatz gilt nicht, wenn die Eltern den Unterhalt des Kindes nicht ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts leisten können (§ 1603 Abs. 2 Satz 3). Alle anderen (volljährigen) Verwandten, also auch privilegiert volljährige Kinder (da § 1602 nicht auf diese anwendbar ist), müssen in der Regel neben ihrem eigenen bereinigten Einkommen auch den (um den Schonbetrag – sog. Notgroschen) bereinigten Stamm ihres Vermögens für ihren Bedarf einsetzen, soweit dies nicht im Einzelfall grob unbillig ist (Umkehrschluss aus § 1602 Abs. 2).[1225]

 

Rz. 875

Zumutbar verwertbares Vermögen ist vollständig auf die voraussichtliche – ordnungsgemäße – Ausbildungsdauer umzulegen, insb. wenn das Vermögen dem Zweck dient oder dienen soll, die Ausbildung zu sichern. Daher hat ein volljähriges, studierendes Kind sein Vermögen sukzessive zur Deckung seines Lebensbedarfs einzusetzen und darf das Vermögen nicht anderweitig verbrauchen. Bei einem Verstoß gegen diese Obliegenheit muss es sich so behandeln lassen, als ob noch Vermögen vorhanden wäre und bedarfsdeckend eingesetzt werden könnte.[1226]

 

Rz. 876

Die Pflicht zum Einsatz des eigenen Vermögensstammes wird – ähnlich wie im Sozialhilferecht[1227] – durch das sog. Schonvermögen für besondere Notlagen (Notgroschen) begrenzt, es sei denn, dass es sich im Rahmen des Ausbildungsunterhalts bei dem Vermögen um Leistungen aus einer Ausbildungsversicherung handelt.[1228]

 

Rz. 877

 

Praxistipp

Für die Bedürftigkeit ist der Unterhaltsberechtigte darlegungs- und beweispflichtig.

[1225] BGH FamRZ 1986, 48; FamRZ 1998, 367; OLG Hamburg FamRZ 1980, 912; OLG Hamm FamRZ 1982, 1099; OLG Frankfurt FamRZ 1987, 1179; OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 1137; OLG München FamRZ 1996, 1433; OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 1573.
[1227] Anders OLG Köln FamRZ 2001, 437 = FuR 2001, 80.
[1228] OLG Frankfurt OLGR 2003, 304.

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