Rz. 782

Ausbildungsunterhalt kann regelmäßig nur für die (Regel-)Dauer einer Ausbildung verlangt werden.[1045] Die Unterhaltspflicht endet daher, wenn

die Ausbildung abgebrochen,[1046] oder
die Regelstudienzeit erheblich überschritten,[1047] oder
die Ausbildung ordnungsgemäß beendet wird (Regelabschluss).
 

Rz. 783

Danach wird Ausbildungsunterhalt nicht mehr[1048] oder allenfalls nur noch in eingeschränktem Umfang[1049] geschuldet. Die Regeldauer einer Ausbildung umfasst regelmäßig auch die Prüfungszeit, sofern sie zeitnah an das Ende der die Abschlussprüfung/en vorzubereitenden Ausbildungszeit anschließt.[1050] Es kommt auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles an, ob nach einem nur vorübergehenden Abbruch der Ausbildung für die weitere Dauer der Ausbildung Unterhalt geschuldet ist.[1051] Hat sich das volljährige Kind in Abstimmung mit dem Eltern für einen Abschluss durch die Diplomprüfung II entschieden, so besteht die Unterhaltspflicht bis zum Regelabschluss fort.[1052]

[1045] OLG Stuttgart FamRZ 1996, 1434.
[1046] OLG Hamm FamRZ 1997, 694; OLG Nürnberg NJWE-FER 2001, 177.
[1047] BGH FamRZ 1984, 777; OLG Hamm FamRZ 1994, 387; OLG Stuttgart FamRZ 1996, 1434.
[1048] OLG Hamm NJW 1982, 2325; OLG Köln FamRZ 1999, 1162.
[1049] OLG Hamm FamRZ 1981, 493.
[1050] OLG Celle EzFamR aktuell 2001, 167.
[1051] OLG Celle FuR 2002, 332.
[1052] OVG Hamburg FamRZ 2006, 1615.

(1) Regelabschluss und Regelstudienzeit

 

Rz. 784

Die Regelstudienzeit mit der Förderungshöchstdauer nach dem BAföG ist nur ein Anhaltspunkt für die übliche Studiendauer, die mit dem Regelabschluss endet. Sie begrenzt den Unterhaltsanspruch nicht ohne weiteres. Gleiches gilt für im Hochschulrahmengesetz für den jeweiligen Studiengang angegebene Studienhöchstdauer.[1053] Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern. Sind sie knapp, dann ist die Unterhaltspflicht gegenüber dem studierenden Kind auf denjenigen Zeitraum begrenzt, in dem bei gebotener Leistungsbereitschaft der Regelabschluss des Studiums erreicht werden kann bzw. in dem die Höchstförderungsdauer nach dem BAföG endet.[1054]

 

Rz. 785

 

Praxistipp

Im Zusammenhang mit der Regelstudienzeit ist die Anspruchsvoraussetzung der Zielstrebigkeit des Unterhaltsberechtigten, das Studium innerhalb angemessener und üblicher Zeit zu beenden, von Relevanz.

 

Rz. 786

Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt spätestens dann, wenn die Regelstudienzeit erheblich überschritten wird, und die BAföG-Förderung deshalb entfallen ist. Ein (anschließender) Anspruch gegen die Eltern kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.[1055] Bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern kann eine Überschreitung der Regelstudienzeit um bis zu zwei Semester noch als angemessen anzusehen sein,[1056] im Einzelfall noch mehr, wenn die durchschnittliche Studienzeit des betreffenden Studiengangs erheblich über der Regelstudienzeit liegt.[1057] Hinzuzurechnen ist außerdem die Zeit der Diplomprüfung bzw. des Staatsexamens. Diese Prüfungszeit ist von der Regelstudienzeit regelmäßig nicht erfasst. Bei einem Studium werden über die Regelstudienzeit hinaus noch ein bis zwei Examenssemester zugestanden.[1058] Erst nach Abschluss der Prüfung/en gilt eine Berufsausbildung als abgeschlossen.[1059]

[1054] OLG Hamm FamRZ 1994, 387.
[1055] OLG Hamm FamRZ 1981, 493.
[1056] OLG Hamm FamRZ 1999, 886; OLG Celle EzFamR aktuell 2001, 167.
[1057] BGH FamRZ 1992, 1064.
[1058] BGH FamRZ 1992, 1064.
[1059] OLG Celle EzFamR aktuell 2001, 167 (Ls.).

(2) Verzögerungen und Unterbrechungen der Ausbildung

 

Rz. 787

Auch wenn der Pflicht des Unterhaltsschuldners, dem Unterhaltsgläubiger eine angemessene Berufsausbildung zu ermöglichen, die Obliegenheit gegenübersteht, die Ausbildung mit Fleiß und gebotener Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu absolvieren, muss der Unterhaltsschuldner nach Treu und Glauben (§ 242) ausnahmsweise Verzögerungen und Unterbrechungen der Ausbildung und die damit verbundene zeitliche Verlängerung seiner Leistungszeit hinnehmen. Bei Verzögerungen und Unterbrechungen der Ausbildung ist entscheidend, in wessen Risikosphäre sie fallen, insb. ob besondere anerkennenswerte Verzögerungsgründe vorliegen,[1060] etwa Krankheit des Kindes[1061] oder sonstige unglückliche Umstände.[1062] Die Unterbrechung der Ausbildung durch Schwangerschaft hat für sich allein keinen Verlust des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt zur Folge.[1063] Soweit ein Auslandssemester für die Berufsausbildung sinnvoll ist, ist dieses bei guten Einkommensverhältnissen der Eltern auch bei Verlängerung der Studienzeit zu finanzieren.[1064]

[1060] BGH FamRZ 2000, 420 = FuR 2000, 92.
[1061] OLG Hamm FamRZ 1990, 904.
[1062] OLG Stuttgart FamRZ 1996, 181.
[1063] BGH FamRZ 2011, 1560 = FuR 2011, 633 = FF 2011, 412 mit Anm. Viefhues; OLG Koblenz FuR 2004, 356.
[1064] BGH FamRZ 1992, 1064; OLG Karlsruhe FamRZ 2011, 1303.

(a) (Mit-)Verantwortlichkeit der Eltern

 

Rz. 788

Trifft den/die Unterhaltsschuldner eine erkennbare (Mit-)Verantwortung an der Verzögerung/Unterbrechung der Ausbildung, dann ist es ihm/ihnen nach Treu und Glauben verwehrt, diese dem Unterhaltsbegehren en...

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