Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Grundsätze
Rz. 393
Zu Unrecht wurde – und wird landläufig noch heute – das Umgangsrecht als Einbahnstraße im Sinne eines Rechtsanspruches ausschließlich des nicht mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils angesehen. Die zentrale Vorschrift des § 1684 I BGB beschreibt jedoch drei Bereiche:
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das Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil; |
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die Pflicht der Eltern zum Umgang mit ihrem Kind; |
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das Recht der Eltern auf Umgang mit dem Kind. |
Rz. 394
Der mit Änderung im Kindschaftsrechtsreformgesetz von 1998 vorgenommene Perspektivwechsel ist von erheblicher Bedeutung. Elterninteressen werden zurückgestellt (an die dritte Stelle), Kindesinteressen in den Mittelpunkt gerückt (an die erste Stelle), Elternpflichten in den Blickpunkt gestellt (an die zweite Stelle).
Dies hat bereits zu Entscheidungen geführt, nach denen das Kind sein Recht auf Umgang verbinden konnte mit einer Ordnungsgeldandrohung gegen den umgangsunwilligen Elternteil.
Der BGH weist auf den Charakter des Umgangs als Pflichtrecht hin, welches nicht der vertraglichen Disposition der Eltern unterliegt. Daher kann auf das Besuchsrecht nicht verzichtet werden.
Rz. 395
Das Recht auf Umgang mit seinen Eltern steht dem Kind als höchstpersönliches Recht zu und kann deshalb auch nur von ihm geltend gemacht werden. Die Umgangspflicht des Vaters kann daher nicht von der Kindesmutter eingeklagt werden, sondern ausschließlich durch das Kind selbst, vertreten durch den sorgeberechtigten Elternteil oder, im Fall eines Interessenkonflikts, durch einen Verfahrenspfleger.
Rz. 396
Wird die umgangsrechtliche Entscheidung eines Gerichts nicht respektiert, besteht gem. §§ 88 ff. FamFG die Möglichkeit, die Umgangsregelung auch mit Zwangsmitteln durchzusetzen.
In diesem Zusammenhang gibt es eine Fülle von Entscheidungen, die sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Vollstreckung gegen Elternteile richten, die eine festgelegte Umgangsregelung betr. ihres Kindes nicht akzeptieren wollen.
Rz. 397
Ein Beispielsbereich ist der immer wieder vorgebrachte angebliche entgegenstehende Wille des Kindes. Hier hat das OLG Frankfurt in einem Ordnungsgeldverfahren gegen eine Mutter erklärt:
Zitat
"Auf ein fehlendes Verschulden wegen eines entgegenstehenden Willens des Kindes kann sich der zur Herausgabe des Kindes verpflichtete Elternteil nur berufen, wenn er darlegt, dass der Widerstand des Kindes auch mit dem Alter des Kindes angemessenen erzieherischen Mitteln nicht zu überwinden war. An diese Darlegung sind hohe Anforderungen zu stellen."
Rz. 398
Hinweis
In solchen Fällen sollte eine geeignete Dokumentation der gleichwohl durchgeführten Bemühungen erfolgen, notfalls unter Beteiligung des Jugendamts, Eltern haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts, § 18 Abs. 3 S. 3 SGB VIII.
Rz. 399
Die Verweigerung des Umgangs kann im Übrigen auch zur Schadenersatzpflicht führen, etwa bei sodann nicht angetretener Urlaubsreise.
Die Verletzung des Umgangsrechts kann darüber hinaus auch den Straftatbestand des § 235 StGB erfüllen, und zwar nicht nur, wenn ein Dritter das Kind während eines Aufenthalts beim Umgangsberechtigten entzieht, sondern auch, wenn der Sorgeberechtigte das Kind dem umgangsberechtigten Elternteil entzieht.
b) Der gerichtliche Antrag zum Umgang
Rz. 400
Die Möglichkeiten des Streits von Eltern zu Lasten des Kindes im Bereich des Umgangs sind zwar niemals vollständig auszuschließen, wohl aber zu minimieren. Dazu ist es erforderlich, Umgangsregelungen konkret auszugestalten. Gerade bei streitenden Eltern reicht es nicht aus, eine Umgangsregelung zu treffen, die lediglich allgemeine Grundsätze festlegt und Einzelheiten der Gestaltung den Eltern in eigener Verantwortung überlässt.
Rz. 401
Zudem liegt dann keine abschließende Entscheidung, sondern nur eine unzulässige Teilentscheidung vor, wenn ein Umgang nicht konkret, vollständig und vollstreckbar nach Art, Ort und Zeit des Umgangs geregelt wird.
Rz. 402
Eine Umgangsregelung muss deshalb "den Umgang nach Tagen, Uhrzeit, O...