Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
aa) Abänderungsgrund
Rz. 425
Geht es um die Fortsetzung eines seit längerer Zeit gut funktionierenden Wechselmodells, das dem Wohl des Kindes am besten entspricht, ist zu prüfen, worauf die nunmehrige Ablehnung des Wechselmodells beruht. Die Auswirkungen der Ablehnung durch einen Elternteil auf die Kooperationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft gegenüber dem anderen und damit auf das Kindeswohl sind besonders zu untersuchen. Sind Fähigkeit und Bereitschaft der Eltern zur Kooperation noch vorhanden, lediglich z.B. der Wunsch nach mehr Freizeit für sich allein die Triebfeder jetziger Ablehnung, kann ein funktionierendes Wechselmodell nicht – zum Schaden des Kindeswohls – abgeschafft werden. Die Verantwortung für das Kindeswohl ist vorrangige Pflicht.
Rz. 426
Dem entspricht im Übrigen die Regelung des § 166 FamFG. Haben Eltern vergleichsweise ein Wechselmodell vereinbart, das gerichtlich gebilligt wird, weil es dem Kindeswohl nicht widerspricht (§ 156 Abs. 2 S. 2 FamFG), kann eine Aufhebung nur unter den Voraussetzungen des § 1696 BGB erfolgen. Dies bedeutet, dass ausschließlich triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe dazu führen können, ein einmal gefundenes, dem Kindeswohl dienendes Umgangsmodell aufzuheben. Der bloße Wunsch eines Elternteils auf Neuregelung für die Zukunft allein reicht für eine Änderung nach § 1696 BGB nicht aus.
Rz. 427
Allerdings ist bei hochstrittigen, das Kind belastenden Elternkonflikten die Abänderung des Wechselmodells in eine Umgangsregelung durchaus möglich und sicherlich auch richtig.
Das OLG Brandenburg hatte sich mit einem hochstrittigen Fall auch mit dem Vorwurf des Kindesmissbrauchs durch den Lebensgefährten der Kindesmutter auseinanderzusetzen und als Folge das Wechselmodell in ein Umgangsmodell umgewandelt.
bb) Verfahren zur Abänderung
Rz. 428
Streitig war lange Zeit, ob die Abänderung eines praktizierten paritätischen Wechselmodells im Umgangsverfahren möglich ist. Nach einer Entscheidung des 8. Zivilsenats des OLG Frankfurt a.M. vom 23.2.2021 ist eine Entscheidung über das Wechselmodell keine sorgerechtliche Regelung, auch wenn die Entscheidung im Ergebnis den Schwerpunkt der Betreuung erstmalig geregelt. Die Regelung im Umgangsverfahren führt sodann dazu, dass die Beschwerde gegen eine einstweilige Anordnung nicht gemäß § 57 S. 2 Nr. 1 FamFG statthaft wäre.
Richtig ist, dass es sich nach der gesetzlichen Systematik bei Sorge- und Umgangsrecht um eigenständige Verfahrensgegenstände handelt. Während im Sorgerechtsverfahren die Frage der Rechtszuständigkeit in Rede steht, betrifft die Umgangsregelung die tatsächliche Ausübung der elterlichen Sorge und schränkt insoweit die Befugnisse des Sorgeberechtigten entsprechend ein, ohne in das Sorgerecht als Status einzugreifen.
Rz. 429
Jede Umgangsregelung tangiert naturgemäß immer auch den Aufenthalt des Kindes und damit auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern und wirkt sich auf die Ausübung des Sorgerechts aus. Wenn man mit der Entscheidung des BGH die Anordnung eines Wechselmodells durch eine Entscheidung im umgangsrechtlichen Verfahren für zulässig hält, muss dies auch für eine Abänderung dieser Entscheidung in umgangsrechtlichen Verfahren gelten.
Rz. 430
Die Rechtsprechung lässt nunmehr die Entscheidung im Umgangsverfahren grundsätzlich zu.
In einer Entscheidung vom 27.11.2019 nimmt der BGH dazu Stellung, ob für eine Entscheidung zum Umgangsrecht die Voraussetzungen des § 1696 Abs. 1 BGB gegeben sein müssen, weil bereits eine Entscheidung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht, also zum Sorgerecht, vorliegt. Der BGH verneint dies. Sorge- und Umgangsrecht seien zwei selbstständige Verfahren. Eine erstmalige Regelung des Umgangsrechts richtet sich allein nach § 1684 BGB. § 1696 BGB finde auch dann keine Anwendung, wenn bereits eine Regelung zum Sorgerecht vorhanden sei.
Achtung!
Die Entscheidung macht deutlich, dass anwaltliche Vorsicht im Hinblick auf die Verfahrensweise geboten ist, wenn es um die gerichtliche Geltendmachung eines Wechselmodells geht. Das Wechselmodell sollte im Rahmen des Umgangsverfahrens beantragt werden, nicht durch Einleitung eines Sorgerechtsverfahren.