Rz. 62

Unterhaltsbedürftig ist nur derjenige, der außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, § 1602 Abs. 1 BGB.

Dies ist der Fall, wenn ein Kind nicht über entsprechendes anrechenbares Vermögen verfügt und entweder

nicht erwerbspflichtig ist,
sich in der Ausbildung befindet oder
zwar erwerbspflichtig ist, aber aus sonstigen Gründen gleichwohl unterhaltsbedürftig ist.

1. Das nicht erwerbspflichtige Kind

a) Grundsätze zur Bedürftigkeit

 

Rz. 63

Ein Kind kann aus drei Gründen nicht erwerbspflichtig sein:

1. Das Kind ist nicht erwerbspflichtig, wenn es nicht erwerbstätig sein darf. Es darf nicht erwerbstätig sein, wenn es jünger als 15 Jahre ist oder noch der Vollzeitschulpflicht unterliegt. Solche Kinder dürfen nach §§ 2 Abs. 3, 5 Abs. 1, 7 JugArbSchG nicht beschäftigt werden. Solche Minderjährige können ihren Unterhaltsbedarf nicht durch Erwerbstätigkeit decken.
2.

Unterhaltsbedürftig ist auch, dem gegenüber eine Erwerbsobliegenheit nicht besteht. Dies ist auch der Fall, soweit Kinder und Jugendliche leichtere Arbeitstätigkeiten wahrnehmen, z.B. aus Nachhilfeunterricht, Austragen von Zeitungen etc Solche Tätigkeiten stellen unzumutbare Arbeiten dar und sind auf die Ansprüche gegenüber dem Unterhaltspflichtigen nicht anzurechnen.[68]

Zwar kann nach der Rechtsprechung des BGH[69] solches Einkommen "nach Billigkeit teilweise" auf den Unterhaltsanspruch angerechnet werden. Dies ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen ausnahmsweise möglich. Erzieltes Einkommen aus Schülertätgkeit etc., das den üblichen Rahmen nicht überschreitet, ist nicht anrechenbar. Dies muss jedenfalls gelten, soweit sich diese Tätigkeit im Rahmen von ca. 10 Arbeitsstunden pro Woche hält.[70]

3. Sind Kinder wegen langfristiger Erkrankung oder Behinderung erwerbsunfähig, sind sie ebenfalls unterhaltsbedürftig. Dies ist selbst dann der Fall, wenn sie vor Erkrankung oder entstehen der Behinderung bereits eine selbstständige Lebensstellung erreicht hatten.
[68] Entspr. Anwendung des § 1577 Abs. 2 BGB, vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 52.
[69] BGH FamRZ 1995, 475.
[70] Vgl. dazu OLG FamRZ 1995, 55.

b) Vereinbarungen bei fehlender Erwerbspflicht

 

Rz. 64

Ist das Kind nicht erwerbspflichtig, weil es entweder nicht erwerbstätig sein darf oder zwar erwerbstätig sein kann, jedoch wegen vollzeitlicher schulischer Ausbildung nicht arbeiten muss, wird regelmäßig die Unterhaltspflicht der Eltern im vollen gesetzlichen Umfang einsetzen. Leben Eltern zusammen, wird der Unterhalt durch Naturalleistung und ggf. Taschengeld gewährt.

 

Rz. 65

Lebt das Kind im Falle einer Trennung bei einem Elternteil, so leistet dieser Betreuungsunterhalt in Form der Gewährung von Wohnung, Kleidung, Essen etc. hinsichtlich aller Lebensbedürfnisse des Kindes. Der nicht mit dem Kind zusammenlebende Elternteil leistet den gesetzlichen Barunterhalt.

 

Rz. 66

Es besteht jedoch auch bei solchen Konstellationen für die Kindeseltern Anlass, eine Vereinbarung über die Gewährung des Unterhalts dem Grunde und der Höhe nach zu schließen.

 

Rz. 67

Es gibt Fälle, in denen ein Kind etwa durch Erbschaft vermögend geworden ist und aus der Vermögensmasse, beispielsweise vermietetem Wohnraum erhebliche eigene Einkünfte erzielt.

Um eine sichere Grundlage für beide Elternteile zu erhalten, könnte – ggf. im Rahmen sonstiger Unterhaltsvereinbarung – zum Kindesunterhalt sowie zu weiteren Kosten des Kindes z.B. für Sonderbedarf oder Mehrbedarf eine Vereinbarung getroffen werden.

Eine Vereinbarung, eingebettet beispielsweise in sonstige Regelungen, könnte wie folgt formuliert sein:

 

Rz. 68

Muster 2.7: Vereinbarung bei langfristig fehlender Bedürftigkeit des minderjährigen Kindes

 

Muster 2.7: Vereinbarung bei langfristig fehlender Bedürftigkeit des minderjährigen Kindes

Verhandelt am _________________________

Zu _________________________

Vor mir, dem unterzeichnenden Notar im Bezirk des Oberlandesgerichts _________________________

_________________________

erscheinen

1. Herr _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft _________________________

2. Frau _________________________ geb. _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft _________________________

ausgewiesen durch _________________________

Die Frage des beurkundenden Notars nach einer Vorbefassung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG wurde von den Erschienenen verneint. Der beurkundende Notar erläuterte die vorgenannte Vorschrift.

Die Erschienenen baten den Notar um die Beurkundung einer

Trennungs- und Unterhaltsvereinbarung

und erklärten vorab:

§ 1 Ausgangslage

_________________________

§ 2 Ehegattenunterhalt

_________________________

§ 3 Kindesunterhalt

1. Der Ersch. zu 1 ist nach seinem Einkommen grundsätzlich verpflichtet, für das Kind K _________________________ einen monatlichen, monatlich im Voraus fälligen Kindesunterhalt in Höhe von _________________________ % des Mindestbedarfs der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle gemäß der jeweiligen Altersstufe des Kindes zu bezahlen. Hierauf ist die Hälfte des gesetzlichen Kindergeldes, derzeit 109,50 EUR bedarfsdeckend anzurechnen, so dass sich ein monatlicher Unterhaltsbetrag in Höhe vo...

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