Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 603
Zur Bewertung der hiernach ermittelten Gefährdungspotenziale ist ein Vergleich des Ist– mit dem angestrebten Soll–Zustand vorzunehmen. Hierzu sind vorhandene normative Standards heranzuziehen:
Rz. 604
Zielstellung ist die menschengerechte Gestaltung der Arbeit (siehe oben Rdn 549).
Rz. 605
Zum Teil werden konkrete Maßnahmen angeordnet (z.B. §§ 4 Abs. 5 oder Nr. 3.3 des Anhangs zu § 3 Abs. 1 Arbeitsstättenverordnung, teilweise werden Schutzziele vorgegeben, z.B. Nr. 1.8 oder 3.1 des Anhangs zu § 3 Abs. 1 ArbStättV, die der Arbeitgeber nach pflichtgemäßem Ermessen auszufüllen hat. Die Gestaltung der Bildschirmarbeitsplätze ist weitgehend durch Nr. 6 des Anhanges zu § 3 ArbStättV normativ vorgegeben.
Rz. 606
Nach § 4 Nr. 3 ArbSchG hat der Arbeitgeber bei seinen Arbeitsschutzmaßnahmen den Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber wird damit verpflichtet, sich die Kenntnis des durch die normativen Standards umschriebenen Sicherheits– und Schutzniveaus zu verschaffen. Erleichtert wird diese Aufgabe durch die inzwischen für die meisten Bereiche vorliegenden Technischen Regeln der gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 5 ArbSchG gebildeten Ausschüsse. Werden die von den Ausschüssen ermittelten Regeln und Erkenntnisse vom Arbeitgeber eingehalten, wird vermutet, die Arbeitsorganisation genüge den gesetzlichen Anforderungen (vergleiche § 3 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 4 Arbeitsstättenverordnung). Es handelt sich bei diesen Regeln zwar nicht um normative Bestimmungen aber Vorgaben, die für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen von erheblicher Bedeutung sind, und die betriebliche Umsetzung der Vorschriften wegen der Vermutungswirkung erleichtern.
Rz. 607
Andere gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere mit Angaben zu Grenz-, Schwellen- oder Richtwerten finden sich in Veröffentlichungen der Unfallversicherungsträger, der BAuA oder des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI).
Von erheblicher Bedeutung sind die DGUV Regeln für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Sie sind weder Rechtsnorm noch technische Norm, sondern sind überwiegend als Zusammenfassung aktueller Erfahrungssätze einzustufen, die für die Praxis konkrete Probleme und Lösungen bezeichnen. Sie werden inzwischen sachgerecht ergänzt durch Branchenregeln, mit denen konkrete Erfahrungen zusammengefasst werden.
Fehlen derartige Erkenntnisse ist auf wissenschaftliche Veröffentlichungen oder eigene betrieblich entwickelte Maßstäbe zurückzugreifen.