Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 535
§ 167 Abs. 2 S. 3 SGB IX verlangt ausdrücklich, dass der Arbeitnehmer auf Art und Umfang der erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen ist. Dazu gehört zudem, dass die Datenverarbeitung auch datenschutzkonform zu erfolgen hat. Es steht außer Zweifel, dass BEM-relevante Daten als sensitive Gesundheitsdaten i.S.v. § 3 Abs. 9 BDSG a.F einzustufen sind, deren Erhebung und Verwendung einer besonderen Rechtsgrundlage bedurfte, § 4 Abs. 1 BDSG a.F. Noch nicht hinreichend geklärt ist allerdings, ob § 26 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 BDSG eine ausreichende Rechtsgrundlage enthält, um diese sensiblen BEM Daten – auch die in Art. 4 Nr. 10 DSGVO als Gesundheitsdaten definierten personenbezogenen Daten – zu verarbeiten und den maßgeblichen Interessenvertretungen zur Verfügung zu stellen sind.
Für eine Verarbeitung spricht, dass der BEM Prozess zu den arbeitsrechtlichen Pflichten eines Arbeitnehmers und als Recht des Arbeitnehmers ausgestaltet ist. Gegen eine Rechtfertigung aus § 26 Abs. 1 BDSG wird eingewandt, dass der BEM Prozess aus Sicht des Arbeitnehmers freiwillig und somit für Bestand oder Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich sei und deshalb bedürfe es einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Arbeitnehmers. Soweit der Arbeitnehmer jedoch in eine derartige Offenlegung einwilligt und diese Einwilligung vom Arbeitgeber abverlangt wird, muss der Arbeitgeber in besonderem Maße auf die Freiwilligkeit hinweisen.
Da bislang eine höchstrichterliche Klärung dieses nicht unerheblichen Problems für die Arbeitgeber noch aussteht, kann den Arbeitgebern nur dringend empfohlen werden, immer eine Einwilligung einzuholen, die sich ausdrücklich auf die Erhebung und Verwendung von Gesundheitsdaten beziehen und zusätzlich einer vorherigen Aufklärung gem. § 167 Abs. 2 S. 3 SGB IX bedarf.
Rz. 536
Klarzustellen ist hierbei auch, dass nur diejenigen Daten erhoben und verwendet werden, die erforderlich sind, um ein zielführendes und der Gesundung und Gesunderhaltung des Beschäftigten dienendes BEM durchzuführen. Nur dann, wenn eine ordnungsgemäße datenschutzrechtliche Aufklärung erfolgt ist und zudem die Einwilligung den Vorgaben insbesondere des Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO und § 26 Abs. 2 S. 4 BDSG entspricht, kann von einer wirksamen Einwilligung zur Durchführung des BEM und damit von einer ordnungsgemäßen Durchführung eines BEM ausgegangen werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die Pflichten zur gesonderten und geschützten Aufbewahrung der Gesundheitsdaten sowie die Löschungspflichten, Art. 5 Abs. 1 Buchst. e, 17 Abs. 3 Buchst. e DSGVO.
Rz. 537
Es ist davon auszugehen, dass sich die in dem BEM-Verfahren erteilte Einwilligung des Betroffenen zur Verarbeitung gesundheitsbezogener Daten nur auf das BEM-Verfahren bezieht. Will der Arbeitgeber die hierbei gewonnenen Daten auch für eine krankheitsbedingte Kündigung heranziehen, müsste sich die Einwilligung des Betroffenen ausdrücklich hierauf beziehen. Die Verknüpfung der Frage nach der Einwilligung zum BEM mit der Einwilligung zur Nutzung der Daten für eine krankheitsbedingte Kündigung dürfte wohl der absolute Ausnahmefall sein.