Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 791
Der Widerspruchstatbestand der Nr. 3 greift bei allen ordentlichen Kündigungsarten, bei der betriebsbedingten wie bei der verhaltens- oder personenbedingten Kündigung. Einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung kann der BR widersprechen, wenn in demselben Betrieb oder einem anderen Betrieb des Unternehmens eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit an einem anderen Arbeitsplatz besteht. Dieser Widerspruchsgrund nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG entspricht damit § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1b KSchG, wonach die Kündigung in diesem Fall auch sozial ungerechtfertigt ist. Den gesetzlichen Anforderungen ungenügend ist daher ein Widerspruch des BR, der auf die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf demselben Arbeitsplatz hinweist. Vielmehr muss der BR darlegen, auf welchem vorhandenen freien anderen Arbeitsplatz im Betrieb oder in einem Betrieb desselben Unternehmens die Weiterbeschäftigung des zu kündigenden Arbeitnehmers möglich sein soll; den freien Arbeitsplatz hat er in zumindest bestimmbarer Weise anzugeben. Es genügt also nicht, wenn der BR nur allgemein auf anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens verweist oder eine Beschäftigungsmöglichkeit beschreibt, ohne einen vorhandenen konkreten freien Arbeitsplatz zu benennen. Der Arbeitsplatz muss bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werden. Nicht erforderlich ist, dass er bereits bei Einlegung des Widerspruchs frei ist. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, einen neuen, freien Arbeitsplatz zu schaffen. Wenn ein Arbeitsplatz infolge einer Fremdvergabe nicht mehr von eigenen Arbeitnehmern besetzt ist, handelt es sich nicht um einen freien Arbeitsplatz im Sinne der Norm; auch insoweit besteht also eine Parallele zum Recht des Arbeitgebers, bestimmte Aufgaben künftig nicht mehr selbst, sondern durch freie Mitarbeiter ausführen zu lassen und die bisher beschäftigten eigenen Arbeitnehmer infolgedessen betriebsbedingt zu kündigen.
Rz. 792
Der Widerspruchsgrund nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ist aber nur gegeben, wenn es das Direktionsrecht des Arbeitgebers zulässt, den Arbeitnehmer auch tatsächlich auf den anderen Arbeitsplatz umzusetzen, anderenfalls besteht ausschließlich eine Widerspruchsmöglichkeit nach § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG, die – anders als bei Nr. 3 – das vorherige Einverständnis des Arbeitnehmers voraussetzt. Erlaubt das Direktionsrecht die einseitige Umsetzung nicht, und lehnt der Arbeitnehmer in Kenntnis der bevorstehenden Kündigung ausdrücklich die Übernahme der anderen Tätigkeit gegenüber dem Arbeitgeber oder dem BR ab, ist der Widerspruch gestützt auf Nr. 3 ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass der Arbeitnehmer die für die neue Position erforderliche Qualifikation besitzen muss; insoweit haben die Arbeitsgerichte grundsätzlich die vom Arbeitgeber für diesen Arbeitsplatz im Rahmen seiner Unternehmerdisposition aufgestellten Anforderungen zu respektieren, sofern die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben.
Rz. 793
Der Widerspruch nach Nr. 3 beinhaltet zugleich die Zustimmung zur Versetzung nach § 99 BetrVG; der Arbeitgeber muss dann nicht mehr die (erneute) Zustimmung des BR zur Versetzung nach § 99 BetrVG einholen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der BR einen ganz bestimmten anderen Arbeitsplatz in seinem Widerspruch bezeichnet hat. Handelte es sich allerdings um mehrere bestimmbare freie Arbeitsplätze, kann der BR seine Zustimmung zur Versetzung nach § 99 BetrVG u.U. verweigern. Bezieht sich der Widerspruch nach Nr. 3 indes auf einen freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens, so ist jedenfalls zur Einstellung des Arbeitnehmers die Darlegung der Zustimmung durch den aufnehmenden BR nach § 99 BetrVG erforderlich; liegt diese Zustimmung (noch) nicht vor, kann der andere Arbeitsplatz nicht als freie Weiterbeschäftigungsmöglichkeit angesehen werden. Fehlt es an der Zustimmung, kann die Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers nach § 102 Abs. 5 S. 2 BetrVG entfallen, sofern nicht ohnehin bereits das Widerspruchsrecht nach Nr. 3 mangels Zustimmung des aufnehmenden BR zur Weiterbeschäftigung in dem anderen Betrieb zu verneinen ist. Die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG gegen den BR des anderen aufnehmenden Betriebs ist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten.
Rz. 794
Das Widerspruchsrecht besteht nicht im Falle einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz im Konzern. Dies ist ausnahmsweise dann anders, wenn arbeitsvertraglich eine konzernweite Versetzung per Direktionsrecht vereinbart ist oder eine entsprechende Zusage des Arbeitgebers vorliegt. Da der Bestandsschutz grundsätzlich nicht konzernbezogen ist, kommt ein Widerspruch des BR auch nicht dann in Betracht, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einer Beschäftigungs- oder Qualifi...