Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 404
Ein zentrales Thema in Bezug auf elektronische Informations- und Kommunikationsmittel ist die Handhabung der privaten Nutzung betrieblicher Systeme durch den Arbeitnehmer.
(a) Gestattung der Privatnutzung
Rz. 405
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Privatnutzung des Internetanschlusses und der E-Mail-Adresse. Der Arbeitgeber entscheidet allein darüber, ob und in welchem Umfang er die Privatnutzung gestattet. Ein umfassendes Verbot der privaten Nutzung des Internet- und E-Mail-Verkehrs ist nicht mitbestimmungspflichtig. Grund dafür ist, dass ein Verbot ausschließlich dem Arbeitsverhalten des einzelnen Arbeitnehmers zuzuordnen ist und keine Belange der Betriebsordnung betrifft. Zudem ergibt sich dieses Recht aus der Sachherrschaft des Arbeitgebers.
Rz. 406
Die private Nutzung des Internets ist bei einer fehlenden ausdrücklichen Gestattung oder Duldung des Arbeitgebers grundsätzlich nicht erlaubt. Ohne ausdrückliche Regelung zur Frage der Art der gestatteten Nutzung besteht jedoch die Gefahr der Entstehung einer betrieblichen Übung. Betriebliche Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen der Arbeitnehmer schließen kann, ihm solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. In der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass allein durch die länger andauernde Duldung der privaten Internet- und E-Mail-Nutzung eine entsprechende betriebliche Übung mit der Folge des individualrechtlichen Anspruches der Arbeitnehmer auf Privatnutzung entstehen kann. Ebenso ist umstritten, welcher Art die Duldung sein muss und welcher Zeitraum maßgeblich ist. Das ArbG Wesel übertrug 2001 die Grundsätze der privaten Telefonnutzung auf die private Internetnutzung. Das Gericht nahm eine betriebliche Übung an, wenn die private Internetnutzung des Arbeitnehmers über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten vom Arbeitgeber geduldet wurde. Die herrschende Ansicht im Schrifttum lehnt dies mit dem Argument ab, dass eine Duldung der Privatnutzung eine reine Vorteilsgewährung sei, also ine bloße Annehmlichkeit vorliege, die nicht Gegenstand einer betrieblichen Übung sein könne. Erstmals liegt mit einem Urteil des LAG Nürnberg aus dem Jahr 2015 eine Rechtsprechung vor, die in einem obiter dictum das Entstehen einer betrieblichen Übung bei der gestatteten Internet-/E-Mail-Nutzung ablehnt. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Thematik im Bereich der Internet- und E-Mail-Nutzung besteht – soweit ersichtlich – nicht.
Rz. 407
Im Falle der Gestattung der Privatnutzung sollte der Hinweis erfolgen, dass diese freiwillig geschieht. Durch diesen Hinweis entsteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf die private Nutzung. Sie kann mit Wirkung für die Zukunft beseitigt werden.
(b) Kontrollmöglichkeiten
Rz. 408
Gestattet der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die private Internet- und E-Mail-Nutzung, so erbringt er einem Dritten gegenüber geschäftsmäßig einen Telekommunikationsdienst und wird – nach überwiegender Auffassung – gegenüber diesem zum Telekommunikationsdienstanbieter (§ 3 Nr. 6 und Nr. 24 TKG). Denn der Arbeitnehmer ist in diesem Fall Privatperson und damit Dritter i.S.d. TKG, sodass dessen Regelungen Anwendung finden. Dies gilt sowohl bei der entgeltpflichtigen als auch bei der kostenlosen Gestattung der privaten Internetnutzung.
Als Telekommunikationsdienstanbieter hat der Arbeitgeber bei der gestatteten privaten E-Mail- und Internetnutzung damit zunächst das Fernmelde- bzw. Telekommunikationsgeheimnis nach § 88 TKG zu wahren, das durch § 206 StGB strafrechtlich geschützt wird. Weiterhin sind die datenschutzrechtlichen Vorschriften des TKG zu berücksichtigen.
Rz. 409
Bei der privaten Nutzung des Internets wird der Arbeitgeber auch zum Telemediendienstanbieter. Neben den Regelungen des TKG unterfällt die Frage d...