Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 327
Scheidet der Arbeitnehmer vor Ablauf eines Geschäftsjahres bzw. vor Ablauf des in der Zielvereinbarung zugrunde gelegten Berechnungszeitraums aus, stellt sich die Frage nach der Berechnung des Anteils des Zielerreichungsbonus. Hierzu sollte eine Regelung getroffen werden. Fehlt eine solche, ist der Umfang des Bonusanspruches mittels Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Grundsätzlich dürfte dabei von einem Bonusanspruch auszugehen sein, der sich pro rata temporis errechnet. Ein gänzlicher Ausschluss der Bonuszahlung bei unterjährigem bzw. vor Ablauf der Berechnungsperiode liegendem Austritt ist unwirksam, soweit der Arbeitnehmer seinen Beitrag zur Zielerreichung bereits geleistet hat. Das BAG legt strenge Maßstäbe an: Die für die Erreichung vereinbarter Ziele gezahlte Vergütung ist unmittelbare Gegenleistung für die entsprechend der Zielvereinbarung erbrachte Arbeitsleistung. Einmal verdientes Entgelt kann dem Arbeitnehmer – ob durch AGB-Regelung oder Betriebsvereinbarung – nicht wegen des unterjährigen Ausscheidens wieder entzogen werden. Erst recht kann die Bonuszahlung nicht an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses oder an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu einem außerhalb des Bezugszeitraums liegenden Stichtags geknüpft werden. Jedoch kann unter Umständen vereinbart werden, dass Entgelt erst dann verdient ist, wenn der Bezugszeitraum vollständig zurückgelegt wurde. Ein Bonus, der auf das Geschäftsergebnis bezogen ist, kann etwa erst dann verdient sein, wenn das Geschäftsjahr abgeschlossen ist. Dieser Gedanke dürfte auch auf andere Ziele zu übertragen sein, die an den Unternehmenserfolg anknüpfen. An der erforderlichen Gesamtbetrachtung fehlt es allerdings, wenn in bestimmten Fällen eine pro-rata Auszahlung möglich ist. Etablieren die Vertrags- oder Betriebsparteien eine solche Regelung, ist anzunehmen, dass der Bonus auch pro-rata verdient wird. Er ist dann auch in allen anderen Fällen eines unterjährigen Ausscheidens pro-rata zu zahlen.
Rz. 328
Umstritten ist, ob auch im Krankheitsfall allein an das Erreichen der Ziele angeknüpft werden kann oder der (hypothetische) Zielbonus im Rahmen der Entgeltfortzahlung zu gewähren ist. In der Praxis wird häufig eine anteilige Kürzung des Bonus vereinbart. Allerdings dürften solche Vereinbarungen nur insoweit gültig sein, als sie einen Zeitraum betreffen, für den der Arbeitgeber nicht zur Entgeltzahlung nach dem EFZG verpflichtet ist. Während des sechswöchigen Zeitraums der Entgeltfortzahlung ist hingegen eine Kürzung nur gemäß § 4a EFZG zulässig, wobei allerdings Boni in der Regel nicht unter den Begriff der Sondervergütung fallen, sondern laufendes Arbeitsentgelt darstellen. Ruht das Arbeitsverhältnis hingegen, ist die Arbeitgeberpflicht zur Entgeltzahlung suspendiert, sodass auch der Bonus als laufendes Entgelt pro rata temporis gekürzt werden kann.