Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 441
In der Praxis werden die Begriffe Arbeits- und Betriebsordnung oft synonym verwendet und dieselben Regelungen mal unter der Bezeichnung Arbeitsordnung, ein anderes Mal im Rahmen einer Betriebsordnung getroffen. Hier wird wie folgt unterschieden: Die Betriebsordnung enthält in erster Linie Regelungen über das (Ordnungs-)Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb; es handelt sich in aller Regel um mitbestimmungspflichtige Tatbestände i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Wenn es allerdings um das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer geht – Beispiele: Arbeitsanweisungen, Tätigkeitsberichte etc. -, ist der Betriebsrat nicht zwingend zu beteiligen. Die Arbeitsordnung (siehe Rdn 448 ff.) befasst sich dagegen im Wesentlichen mit materiellen Arbeitsbedingungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Diese materiellen Arbeitsbedingungen unterliegen regelmäßig nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats, so dass die Arbeitsordnung als Gegenstand der freiwilligen Mitbestimmung im Sinne des § 88 BetrVG zu qualifizieren ist. Diese Abgrenzung zwischen Betriebs- und Arbeitsordnung ist allerdings fließend. Auch deshalb spricht grundsätzlich nichts dagegen, die Regelungsgegenstände einer Betriebs- und einer Arbeitsordnung in einer Betriebsvereinbarung zusammenzufassen. Aber auch dann sind die jeweiligen Regelungsgegenstände hinsichtlich der Mitbestimmungspflicht und der Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis zu unterscheiden.
Rz. 442
Die Betriebsordnung gilt für alle Arbeitnehmer des Betriebs. Aber wie steht es mit im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmern? Diese können je nach Regelungsgegenstand der Zuständigkeit des Betriebsrats des Verleihers oder der Zuständigkeit des Betriebsrats des Entleihers unterliegen. Geht es um mitbestimmungsrechtliche Fragen des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, so ist der Betriebsrat des Entleihers regelmäßig auch für die Leiharbeitnehmer zuständig, deswegen ist für sie auch eine entsprechende Betriebsvereinbarung anwendbar. Dies gilt gerade für den Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen, welcher § 13b AÜG den Leiharbeitnehmern gewährt. Anders ist es bei Arbeitnehmern eines externen Dienstleisters, der auf Basis eines Dienst- oder Werkvertrags tätig wird. Insofern stehen dem Betriebsrat des Einsatzbetriebes regelmäßig keine Mitbestimmungsrechte zu. Daher sind solche Arbeitnehmer auch nicht von einer Betriebsordnung erfasst.
Rz. 443
Typische Regelungen in einer Betriebsordnung sind etwa: Regelungen zum Aufenthalt auf dem Betriebsgelände, zur Benutzung von Arbeitsmitteln, zu einem Firmenausweis oder zur Benutzung von Dienstkleidung. Häufig enthalten Betriebsordnungen auch Rauch- oder Alkoholverbote und Regelungen zur Benutzung eines Firmenparkplatzes.
Rz. 444
Bei Rauchverboten ist Folgendes zu beachten: Die Betriebspartner sind befugt, durch Betriebsvereinbarung ein betriebliches Rauchverbot einzuführen. Dabei ist die Verpflichtung in § 5 ArbStättV zu berücksichtigen, wonach die erforderlichen Maßnahmen zu treffen sind, um die nichtrauchenden Arbeitnehmer vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch zu schützen. Auf der anderen Seite muss der Arbeitgeber aber auch die Belange der Raucher in Erwägung ziehen; deshalb wäre etwa ein Rauchverbot im Freien nicht gerechtfertigt. Auch kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, im Betrieb Rauchmöglichkeiten zu schaffen, sofern dies nicht unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Gegen den Willen des Arbeitgebers kann der Betriebsrat aber keine bezahlte Rauchpause durchsetzen, auch nicht mittels Einigungsstelle.
Rz. 445
Die Entscheidung, ob Firmenparkplätze zur Verfügung gestellt werden, trifft der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei. Die Lage der Firmenparkplätze kann der Arbeitgeber ebenfalls mitbestimmungsfrei festlegen. Regelungen über die Benutzung eines Firmenparkplatz unterfallen dagegen § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG; darunter können auch Regelungen über den berechtigten Personenkreis fallen, ausgenommen leitende Angestellte. Enthält die Betriebsvereinbarung keine Befugnis, verbotswidrig geparkte Fahrzeuge abzuschleppen, kann dies nur erfolgen, wenn Dritte behindert oder Rettungswege versperrt werden.
Rz. 446
Die Regelungen einer Betriebsordnung können auch durch eine Betriebsbuße abgesichert werden. Die Betriebsbuße als Sanktion bei Verstößen gegen die betriebliche Ordnung ist zwar in § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht genannt. Nach überwiegender Auffassung ist sie aber zulässig, und zwar weil die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien weit zu verstehen und weil es sinnvoll ist, ein Sanktionsinstrument zu haben. Allerdings bedarf es für die Verhängung einer Betriebsbuße einer Rechtsgrundlage wie Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung. Außerdem muss das Verfahren zur Verhängung einer Betriebsbuße rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Schließlich bedarf die Verhängung jeder einzelnen Betriebsbuße der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Rz. 447
Muster 2.43: Betriebsvereinbarung zur Betriebsord...