Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 1165
Das Insolvenzgeld schützt die vorleistungspflichtigen Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vor dem Risiko des Lohnausfalls. Es deckt den Zeitraum der letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. Abweisung des Antrags mangels Masse oder der vollständigen Betriebseinstellung ab (§§ 165 ff. SGB III). Der Anspruch auf Insolvenzgeld besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer neben dem Arbeitgeber auch einen Dritten in Anspruch nehmen kann. Neben dem ausgefallenen Arbeitsentgelt umfasst die Insolvenzgeld-Versicherung auch die Entrichtung der Gesamtpflichtbeiträge zur Sozialversicherung (§ 175 SGB III). Die erforderlichen Mittel für das Insolvenzgeld bringen alle Arbeitgeber in einem Umlageverfahren auf, das von den Unfallversicherungsträgern durchgeführt wird (§§ 358 ff. SGB III).
aa) Insolvenzgeldberechtigter
Rz. 1166
Anspruch auf Insolvenzgeld haben Arbeitnehmer und die zur Berufsausbildung Beschäftigten sowie nach BGH-Rechtsprechung je nach Einzelfall ggf. auch GmbH-Geschäftsführer. Beim Vorstandsmitglied einer AG ist nach neuer BSG-Rechtsprechung auf die Ausgestaltung des schuldrechtlichen Verhältnisses zwischen Gesellschaft und Vorstand abzustellen. Demgegenüber hatte der Vorstand einer AG nach nun aufgehobener Rechtsprechung grundsätzlich keinen Anspruch auf Insolvenzgeld. Seit 2021 stellt die BSG-Rechtsprechung unter Aufgabe des sozialversicherungsrechtlichen Begriffs der Beschäftigung auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze ab. Der Kreis der insolvenzgeldberechtigten Arbeitnehmer ist nach arbeitsrechtlichen Maßstäben zu bestimmen. Das Bestehen einer Versicherungspflicht ist gerade nicht Voraussetzung für den Insolvenzgeldanspruch. Bei einem Arbeitsverhältnis mit Auslandsberührung kommt es nach § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III entscheidend darauf an, dass der Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigt war. Nach Satz 3 begründet in diesem Fall auch ein ausländisches Insolvenzereignis den Insolvenzgeldanspruch. Unbeachtlich ist, wo der Berechtigte seinen Wohnsitz hat bzw. welcher Nationalität er ist.
bb) Leistungszeitraum
Rz. 1167
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Insolvenzgeld für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses, die dem Insolvenzereignis kalendermäßig vorausgehen und in denen kein Arbeitsentgelt gezahlt wurde. Der Tag des Insolvenzereignisses wird nicht mitgezählt. Arbeitsentgelt, das für frühere Zeiträume geschuldet wird, wird nicht durch Insolvenzgeld ausgeglichen. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Insolvenzeröffnung, betrifft der Insolvenzgeldzeitraum die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses, gerechnet vom letzten Arbeitstag. Dies gilt auch für unterbrochene Arbeitsverhältnisse. Arbeitet ein Arbeitnehmer in Unkenntnis eines Insolvenzereignisses weiter, besteht der Anspruch für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 165 Abs. 3 SGB III). Nach § 165 Abs. 4 SGB III ist der Anspruch auf Insolvenzgeld vererblich. Der spätere Wegfall des Insolvenzereignisses ist anspruchsunschädlich. Erfolgt vo...