Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
(aa) Gestattung privater Nutzung
Rz. 367
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die private Nutzung des dienstlichen Telefons, denn dieses gehört zu den Betriebsmitteln des Arbeitgebers, über deren Organisation und Einsatz er allein entscheiden kann. Das bedeutet, dass er die private Nutzung gänzlich verbieten oder erlauben kann. Er kann den Umfang der privaten Nutzung auch an betrieblichen Belangen orientiert festlegen, zum Beispiel die Art oder die Dauer der privaten Nutzung einschränken. Der Arbeitnehmer ist an diesen Umfang gebunden. Verbietet der Arbeitgeber Privatgespräche, sind Ausnahmen nur für die Fälle der Pflichtenkollision, anderer Notfälle oder der Privatgespräche aus dienstlichem Anlass gegeben.
Rz. 368
Die Gestattung von Privattelefonaten kann durch individuelle Nutzungsvereinbarung, kollektive Erlaubnis oder auch Duldung der Nutzung geschehen. Gerade bei letzterem muss jedoch berücksichtigt werden, dass bei längerfristiger Duldung (zwischen sechs und zwölf Monaten) nach Ansicht in der Literatur auch eine betriebliche Übung entstehen kann. Eine betriebliche Übung entsteht immer dann, wenn der Arbeitnehmer aus einer regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers schließen kann, dass die hierdurch gewährte Leistung auch zukünftig gewährt werden soll. Auf einen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers kommt es nicht an. Es kann zwar vertreten werden, dass durch eine reine Duldung gerade keine Leistung gewährt wird und damit auch keine betriebliche Übung entstehen kann. Die Praxis sollte jedoch bis zur Klärung durch die (höchstrichterliche) Rechtsprechung mit der Möglichkeit der Entstehung von Ansprüchen aus betrieblicher Übung rechnen. Zur präventiven Vermeidung einer betrieblichen Übung kommen Freiwilligkeitsvorbehalte in Betracht, zur nachträglichen Beseitigung Widerrufsvorbehalte, in begrenztem Maße ablösende Betriebsvereinbarungen oder Änderungskündigungen. Im Falle einer betrieblichen Übung kann der Arbeitnehmer von der Duldung in angemessenem Umfang ausgehen. Gestattet der Arbeitgeber einigen Arbeitnehmern die Privatnutzung kann sich für die anderen Arbeitnehmer ein Anspruch auf Gestattung aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.
(bb) Kontrollmöglichkeiten auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen
Rz. 369
Gestattet der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die private Nutzung des Telefons, wird er nach Ansicht der Datenschutzbehörden, eines Teils der Literatur und wenigen Gerichten zum Telekommunikationsdienstanbieter (siehe auch Rdn 355). Die überwiegende Literatur und Rechtsprechung lehnt diese Einordnung richtigerweise ab. Der Arbeitgeber ist weder Anbieter von ganz oder teilweise geschäftsmäßig angebotenen Telekommunikationsdiensten i.S.d. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 TDDDG i.V.m. § 3 Nr. 1, 61 TKG noch ist er Betreiber von Kommunikationsanlagen, mit denen geschäftsmäßig Kommunikationsdienste erbracht werden, vgl. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 TDDDG i.V.m. § 3 Nr. 6, 60 TKG.
Die herrschende Meinung stützte sich vor Einführung des TTDSG auf historische, systematische und teleologische Erwägungen. Dieser Argumentation lässt sich auch unter der neuen Rechtslage folgen. In praktischer Hinsicht stößt schon die Unterscheidung von dienstlicher und privater Nutzung an Grenzen. Aus diesem Grund geht die Mehrzahl der Gerichtsentscheidungen davon aus, dass das Fernmeldegeheimnis im Arbeitsverhältnis keine Anwendung finden kann. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich um private E-Mails handelt, die von den Mitarbeitern nicht direkt nach Eingang oder Versendung gelöscht wurden, sondern im Postfach gespeichert wurden. Die Rechtsprechung beruft sich außerdem auf die "Drittbezogenheit" der angebotenen Dienste. Weil diese im Verhältnis von Arbeitgeber zu Arbeitnehmer nicht vorliege, sei die Diensteanbietereigenschaft zu verneinen. Dieses Merkmal lässt sich auch unter der neuen Rechtslage, trotz Änderungen des Wortlauts der Begriffsbestimmungen im TKG n.F., als Ausschlusskriterium anführen. Die überwiegende Literatur lehnt die Anbietereigenschaft nach § 3 Abs. 2 S. 1 TDDDG wegen der Entgeltlosigkeit der Telekommunikation für die Beschäft...