Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
aa) Rechtliche Grundlagen
Rz. 692
Der Betriebsrat hat drei Möglichkeiten, dem Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zu einer geplanten personellen Maßnahme zu begegnen: Er stimmt ausdrücklich zu; er antwortet nicht in der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG, dann wird seine Zustimmung fingiert; oder er widerspricht der geplanten Maßnahme. Handelt es sich um eine Einstellung und Eingruppierung oder eine Versetzung und Umgruppierung, so sind die beiden Maßnahmen jeweils unabhängig. Der Betriebsrat muss dann deutlich zum Ausdruck bringen, wenn er beiden Maßnahmen widersprechen will.
Rz. 693
§ 99 Abs. 3 BetrVG schreibt vor, dass der Betriebsrat schriftlich widersprechen muss. Das heißt, das Schreiben muss vom Betriebsratsvorsitzenden oder dessen Stellvertreter unterzeichnet sein und dem Arbeitgeber im Original oder per Telefax zugehen. Ein Zugang per E-Mail ohne qualifizierte Signatur reichte nach lange herrschender Auffassung nicht aus. Allerdings sieht das BAG das inzwischen anders. Danach wahrt eine E-Mail auch ohne qualifizierte Signatur das Schriftformerfordernis, sofern sie nur der Textform des § 126b BGB entspricht. Erforderlich ist, dass eine maschinenschriftliche Erklärung den Aussteller zu erkennen gibt und das Textende durch eine Grußformel mit Namensangabe markiert wird. Der schriftliche Widerspruch muss binnen einer Woche eingehen. Maßgeblich sind §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Durch Vereinbarung der Betriebsparteien kann die Frist verlängert werden.
Rz. 694
Über den Antrag des Arbeitgebers muss der Betriebsrat durch ordnungsgemäßen Beschluss entscheiden. Dabei ist zu beachten, dass bei einer Maßnahme, die unmittelbar ein Betriebsratsmitglied (oder auch seinen Ehepartner) berührt, dieses für die Abstimmung verhindert ist und weder beraten noch mitstimmen darf. Anderenfalls ist der Betriebsratsbeschluss unwirksam. Dann kommt es nach Ablauf der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG zur Zustimmungsfiktion. Ist der Betriebsratsvorsitzende betroffen, so kann (und muss) er den Widerspruch aber unterzeichnen. Ist ein Betriebsratsmitglied dagegen nur mittelbar betroffen – Beispiel: erfolglose Bewerbung auf die betreffende Stelle –, so liegt nach Auffassung des BAG keine Verhinderung vor; das Betriebsratsmitglied kann und muss also bei dem Beschluss über die Einstellung des erfolgreichen Bewerbers mitstimmen.
Rz. 695
Ist der Betriebsrat der Ansicht, dass Informationen oder Unterlagen fehlen, muss er das binnen der Wochenfrist rügen, anderenfalls verliert er diese Rügemöglichkeit. Das gilt nur dann nicht, wenn das Anhörungsschreiben offenkundig unvollständig ist, weil der Arbeitgeber zu einzelnen der in § 99 Abs. 1 BetrVG genannten Aspekten gar keine Angaben macht. Solche vom Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist gerügten oder offenkundigen Verstöße gegen das Verfahren des § 99 BetrVG führen dazu, dass die Einwochenfrist nicht läuft. Dagegen stellen sie keinen Verweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dar.
Rz. 696
Der Verweigerungsgrund muss konkret benannt sein. Die formelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes oder die Angabe von Gründen, die offenkundig nicht unter § 99 Abs. 2 Nr. 1 – 6 BetrVG fallen, reicht nicht aus. Der Betriebsrat muss Tatsachen nennen, die unter einen der abschließend aufgezählten Verweigerungsgründe fallen können. Im späteren Zustimmungsersetzungsverfahren kann sich der Betriebsrat nur auf die Gründe berufen, die in seinem Widerspruch enthalten sind. Ein Nachschieben von Gründen ist also unzulässig. Allerdings kann der Betriebsrat im Zustimmungsersetzungsverfahren seinen Vortrag vertiefen und neue rechtliche Argumente bringen.
Rz. 697
Der Verweigerungsgrund "Gesetzesverstoß" (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG) meint, dass der Arbeitgeber mit der geplanten Maßnahme gegen ein Gesetz verstößt, dessen Zweck es gerade ist, die personelle Maßnahme selbst zu verhindern. Das ist dann der Fall, wenn das Ziel des Gesetzes allein dadurch verhindert werden kann, dass die personelle Maßnahme unterbleibt. Der Betriebsrat kann also keine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle vornehmen, er ist nicht der "betriebliche Hüter des zwingenden Rechts". Er kann also auch nicht einzelne Arbeitsvertragsbedingungen überprüfen und die Zustimmungsverweigerung darauf stützen. Entsprechendes gilt bei Verstößen gegen einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung. Auch insofern muss die Maßnahme selbst gegen die betreffende Vereinbarung verstoßen; es reicht nicht, wenn einzelne Vertragsklauseln nicht im Einklang stehen.
Rz. 698
Hinsichtlich des Verweigerungsgrundes "der Besorgnis der ungerechtfertigten Benachteiligung eines im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers" (§ 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG) muss der Betriebsrat konkrete Tatsachen angeben, Vermutungen über die Benachteiligung eines oder mehrerer Arbeitnehmer reichen nicht. Solche Nachteile können insbesondere eine Kündigung eines Arbeitnehmers oder die Nichtberücksichtigung eines befristet beschäf...