Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 1126
Ein Wiedereinstellungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers besteht nach der Rechtsprechung des BAG, wenn die für die Kündigung maßgeblichen Gründe während der laufenden Kündigungsfrist sich ändern bzw. wegfallen, der Arbeitgeber noch keine Dispositionen getroffen hat und die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für ihn zumutbar ist. Damit besteht ein Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nur, wenn die schützenswerten Interessen des Arbeitnehmers die des Arbeitgebers im Einzelfall überwiegen. Für das eröffnete Insolvenzverfahren war lange Zeit ungeklärt, ob und in welchem Umfang der Wiedereinstellungsanspruch der Arbeitnehmer besteht. Durch neueres BAG-Urteil aus dem Jahr 2022 ist nunmehr entschieden, dass in der Insolvenz kein Wiedereinstellungsanspruch besteht. Bereits 2004 hatte das BAG den Wiedereinstellungsanspruch nach Ablauf der Kündigungsfrist gerade im Insolvenzverfahren abgelehnt. Ebenso wird der Anspruch bei einem wirksam befristeten Arbeitsverhältnis, im Kleinbetrieb nach § 23 Abs. 1 KSchG und nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags verneint.
Rz. 1127
Mit BAG-Urteil aus 2022 ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung in der Insolvenz des Arbeitgebers insgesamt verneint. Die Korrektur einer fehlerhaften Prognose über den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs, weil z.B. kurzfristig ein Betriebserwerber gefunden wird, über das Rechtsinstitut des Wiedereinstellungsanspruchs besteht nicht in der Insolvenz. Denn § 108 Abs. 1 InsO bindet den Insolvenzverwalter nur an die bereits vom Schuldner begründeten Arbeitsverhältnisse und kennt keinen Kontrahierungszwang des Insolvenzverwalters. Ist der Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung zur Wiedereinstellung bereits vor Insolvenzeröffnung gegenüber dem Schuldner entstanden, erlischt dieser mit der Insolvenzeröffnung. Kündigt der Insolvenzverwalter ein Arbeitsverhältnis wirksam, das der Masse nach § 108 Abs. 1 InsO oktroyiert worden ist, entsteht auch bei späterem Betriebsübergang kein Wiedereinstellungsanspruch. Das gilt unabhängig davon, ob der Betriebsübergang vor oder nach Ende der Kündigungsfrist erfolgt. Damit ändert auch ein (Teil-)Betriebsübergang nach Kündigungsausspruch grds. nichts an der Wirksamkeit der Kündigung. Insbesondere kann er seit 2022 nicht mehr zu einem Weiterbeschäftigungsanspruch gegenüber dem Veräußerer bzw. dem nachfolgenden Erwerber führen, selbst wenn der Kündigungsgrund noch innerhalb der Kündigungsfrist wegfällt.
Hinweis
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens besteht nach der neuen Rechtsprechung des BAG kein Wiedereinstellungsanspruch. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kündigungsfrist des gekündigten Arbeitnehmers abgelaufen ist oder nicht. Gleiches gilt für den etwaigen Wiedereinstellungsanspruch gegenüber einem Erwerber nach § 613a BGB in der Insolvenz.