Rolf Klutinius, Jan Therstappen
a) "Krankes" Versicherungsverhältnis
Rz. 223
Nach § 117 Abs. 1 VVG kann dem Direktanspruch des Geschädigten (vgl. Rdn 213 ff.) nicht entgegengehalten werden, dass der Versicherer dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung ganz oder teilweise frei ist. Gemeint sind die Fälle, in denen eine materielle Leistungspflicht des Versicherers nicht gegeben ist, etwa wegen Obliegenheitsverletzung oder nicht fristgerechter Prämienzahlung. Der Direktanspruch des Geschädigten besteht auch dann, wenn der Versicherungsnehmer ein Kurzkennzeichen an einen Dritten zu anderen als Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten weitergegeben hat.
Hinweis
Wichtig ist, dass Risikobeschränkungen nicht unter § 117 Abs. 1 VVG fallen. Daher besteht kein Direktanspruch des geschädigten Dritten bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 103 VVG.
Rz. 224
Der Versicherer haftet nur im Rahmen der übernommenen Gefahr. Vorsatztaten fallen jedoch von vornherein nicht unter Versicherungsschutz. Jedoch bleibt der Versicherer bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den mitversicherten Fahrer eintrittspflichtig, soweit sein Versicherungsnehmer als Halter des den Schaden verursachenden Fahrzeuges haftpflichtig ist.
Hinweis
Der Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherungsnehmer ist die Leistungsfreiheit gegenüber Mitversicherten gleichgestellt, wie auch sonst in PflVG bei Nennung der Versicherungsnehmer immer auch der Versicherte gemeint ist.
b) Nachhaftung
Rz. 225
§ 117 Abs. 2 VVG begründet die so genannte Nachhaftung des Versicherers. Das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhältnisses kann dem Direktanspruch des Geschädigten grundsätzlich nur entgegengehalten werden, wenn das Schadenereignis später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eingetreten ist, in dem der Versicherer dies der Zulassungsstelle mitgeteilt hat. Die Anzeige gegenüber der Zulassungsstelle löst den Lauf der einmonatigen Nachhaftungsfrist nur dann aus, wenn sie sowohl formell ordnungsgemäß als auch sachlich zutreffend ist.
c) Beschränkung auf Mindestversicherungssummen, Verweisungsprivileg
Rz. 226
In den Fällen des § 117 Abs. 1 und Abs. 2 VVG haftet der Versicherer nur im Rahmen der amtlich festgesetzten Mindestversicherungssummen und der von ihm übernommenen Gefahr. § 117 Abs. 3 S. 2 VVG schließt die Haftung des Versicherers im gestörten Kfz-Haftpflichtversicherungsverhältnis in den Fällen aus, in denen der Geschädigte von einem anderen Schadensversicherer oder einem Sozialversicherungsträger Ersatz seines Schadens erlangen kann. Dieses Verweisungsprivileg gilt auch bei Eintrittspflicht eines ausländischen Schadensversicherers.
Bei beschränkter Leistungsfreiheit gegenüber dem eigenen Versicherungsnehmer ist eine Verweisung nur in Höhe der vorgesehenen Leistungsfreiheit möglich; bei dem aufgrund der Trunkenheitsklausel gegenüber seinem Versicherungsnehmer zur Kürzung auf Null berechtigten Versicherer also maximal in Höhe von 5.000 EUR.