Entscheidungsstichwort (Thema)
Regress des Versicherers gegen unfallflüchtigen Fahrer (Arbeitnehmer des Versicherungsnehmers) wegen Kfz-Haftpflichtschaden
Orientierungssatz
1. Mit der Unfallflucht gemäß § 142 StGB verletzt der Fahrer auch bei eindeutiger Haftungslage seine Aufklärungsobliegenheiten in der Kfz-Haftpflichtversicherung.
2. Der Versicherer kann, soweit er nach dem AKB gegenüber dem Fahrer leistungsfrei ist, diesen wegen des regulierten Haftpflichtschadens nach § 426 BGB, § 3 Nr. 9 PflVG in Regress nehmen.
3. Die Grundsätze der Einschränkung der Arbeitnehmerhaftung kommen dem Fahrer bei vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch Unfallflucht regelmäßig nicht zugute.
4. Für die Klage des Versicherers gegen den Fahrer auf Ausgleich des regulierten Haftpflichtschadens ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Der Umstand, dass der Fahrer Arbeitnehmer des Versicherungsnehmers ist, eröffnet nicht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten.
Normenkette
BGB §§ 254, 426, 823; StVG §§ 7, 18; PflVG § 3; StGB § 142; GVG § 17a; ArbGG § 65; AKB §§ 3, 7, 10
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Urteil vom 28.08.2002; Aktenzeichen 2 Ca 524/02) |
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Solingen vom 28.08.2002 wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin EUR 1.390,80 nebst 4 % Zinsen seit dem 15.12.2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Hiervon ausgenommen sind die durch die Anrufung des Amtsgerichts Leverkusen entstandenen Mehrkosten, die die Klägerin zu tragen hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten, der als Taxifahrer bei ihrem Versicherungsnehmer D. angestellt war, wegen eines von ihr regulierten Haftpflichtschadens in Regress. Der Beklagte hatte den Schaden durch einen Verkehrsunfall verursacht. Ob er anschließend Unfallflucht i.S.v. § 142 StGB beging und die ihn als Fahrer in der Kfz-Haftpflichtversicherung treffenden Aufklärungsobliegenheiten verletzte, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Arbeitgeber des Beklagten war als Fahrzeughalter mit einem Taxi bei der Klägerin haftpflichtversichert. Nach den für den Versicherungsvertrag gültigen Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) gehört der Fahrer zu den mitversicherten Personen in der Haftpflichtversicherung (§ 10 Abs. 2 lit. c AKB). § 3 Abs. 3 AKB regelt die Leistungsfreiheit des Versicherers gegenüber mitversicherten Personen und sein Rückgriffsrecht gegen diese Personen bei Verletzung vertraglicher Obliegenheiten. § 7 AKB verhält sich über die Obliegenheiten im Versicherungsfall, insbesondere über die Verpflichtung des Versicherungsnehmers, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann (§ 7 I Abs. 2). § 7 V bestimmt wörtlich:
(1) Wird in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung eine dieser Obliegenheiten vorsätzlich oder grobfahrlässig verletzt, ist der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber zur Leistung in den Abs. 2 … genannten Grenzen frei. Bei grobfahrlässiger Verletzung bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat.
(2) Die Leistungsfreiheit des Versicherers ist auf einen Betrag von maximal DM 5.000,– beschränkt. Bei vorsätzlich begangener Verletzung der Aufklärungs- oder Schadensminderungspflicht (z.B. bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort …), wenn diese besonders schwerwiegend ist, erweitert sich die Leistungsfreiheit des Versicherers auf einen Betrag von maximal DM 10.000,–.
Am späten Nachmittag des 09.11.1999 nahm der Beklagte an den Tennishallen v.-D.-Str., L., einen Fahrgast auf. Als er mit dem Taxi auf dem Parkplatz der Tennishallen wendete bzw. zurücksetzte, beschädigte er den dort abgestellten PKW des K. Der Beklagte fuhr weiter und setzte den Fahrgast an der weniger als 1 km entfernten Gaststätte „Steffi's Brauhaus” ab. Der Fahrgast informierte telefonisch den Wirt der Tennishallen davon, dass der Beklagte auf dem Parkplatz einen PKW beschädigt habe. Daraufhin rief der Wirt die Einsatzleitstelle der Polizei an, die ihrerseits den Einsatzwagen Leo 11/27 zu den Tennishallen beorderte. Nach ihrem Eintreffen auf dem Parkplatz nahmen die Polizeibeamten von Leo 11/27 die Ermittlung des Unfallhergangs auf. Über die Taxizentrale wurde festgestellt, dass es sich bei dem Taxifahrer um den Beklagten handelte. Der Beklagte wurde informiert, auf den Unfall hingewiesen und erschien kurze Zeit später an der Unfallstelle.
Gegen den Beklagten kam es zu einem Strafverfahren wegen Verkehrsunfallflucht. Das Amtsgericht Leverkusen stellte in der Hauptverhandlung das Strafverfahren gemäß § 153a StVO gegen Zahlung einer Geldbuße von DM 1.000,– ein.
Die Klägerin regulierte gegenüber dem Geschädigten K. den Haftpflichtschaden in Höhe von DM 2.720,19 (= Euro 1.390,80). Mit Schreiben vom 23.10.2000 forderte sie ...