Rz. 75
Es gibt viele Gründe, warum ein Anwalt/eine Anwältin ein bereits angenommenes Mandat wieder kündigt:
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fehlende Mitwirkungshandlungen; die Sachbearbeitung kann nicht voranschreiten, |
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angeforderte Vorschüsse werden nicht geleistet, |
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Unverschämtheiten/Schmähungen, tätliche Angriffe, |
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nicht absehbar ausuferndes Mandat; keine Bereitschaft des Mandanten über das Honorar zu verhandeln, |
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Mandant ist beratungsresistent, |
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Mandant torpediert die Bemühungen des Anwalts/der Anwältin, |
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gestörtes Vertrauensverhältnis, |
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Mandant setzt sich mehrfach über den fundierten Rat des Anwalts hinweg. |
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Zu den Auswirkungen einer Mandatskündigung im Anwaltsprozess siehe Rdn 87 unten. |
Rz. 76
Kann das Mandat gekündigt / niedergelegt werden, wenn ein Vorschuss nicht gezahlt wird? Solange keine Pflicht zur Mandatsübernahme im Rahmen der VKH (Beiordnung) oder Beratungshilfe und die Vorschussforderung berechtigt war, kann nach entsprechender Androhung das Mandat gekündigt werden. Aber auch hier gilt: Keine Kündigung zur Unzeit, siehe dazu § 43 BRAO i.V.m. § 671 Abs. 2 BGB. Der Mandant muss Gelegenheit haben können, einen neuen Anwalt zu beauftragen.
Rz. 77
Formulierungshilfe (ohne Gewähr)
"Sehr geehrter Mandant,"
bedauerlicherweise haben Sie bis heute meine Vorschussrechnung vom … in Höhe von … nicht ausgeglichen. Auch auf meine Mahnung hin vom … ist keine Zahlung erfolgt, obwohl ich mit dieser Mahnung die Mandatsniederlegung angedroht habe, falls der Vorschuss weiterhin nicht gezahlt wird. Da Sie bis heute den Vorschuss nicht gezahlt haben, sehe ich mich außer Stande, Sie anwaltlich zu vertreten und lege hiermit das Mandat nieder.
Mit freundlichen Grüßen
Anton Mustermann
Rechtsanwalt“
Rz. 78
Auch hat der BGH entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der aufgrund der von ihm auftragsgemäß vorzunehmenden, inhaltlich zutreffenden Rechtsprüfung die Begründung einer Berufung, die nach Kündigung des Mandats durch den Mandanten von einem anderen Anwalt vorgenommen wird, abgelehnt hat, seinen Vergütungsanspruch nicht verliert.
Rz. 79
Sofern ein Rechtsanwalt seinen Auftrag kündigt, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein, steht ihm ein Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Mandanten kein Interesse haben. So entschied dies auch der BGH bereits 2011:
Zitat
"1. Kündigt der Rechtsanwalt das Mandatsverhältnis, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein, steht ihm ein Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zu, als der Mandant einen anderen Prozessbevollmächtigten neu bestellen muss, mit dessen Vergütung auch die Tätigkeit des kündigenden Anwalts abgegolten wäre."
2. Von einem Interessenwegfall ist auch auszugehen, soweit die aufgrund der Kündigung neu beauftragten Rechtsanwälte fristgebundene Verfahrenshandlungen nicht mehr vornehmen, fristgebundene Erklärungen nicht mehr abgeben und an vergangenen Terminen nicht mehr teilnehmen können, wenn mit der ihnen geschuldeten gesetzlichen Vergütung auch diese Handlungen abgegolten gewesen wären.“
Rz. 80
Ein im Wege der PKH/VKH beigeordneter Rechtsanwalt kann im Übrigen einen "unliebsamen" Mandanten nicht durch Kündigung einfach wieder loswerden. Er ist vielmehr zu entpflichten und von den Gerichten werden hier zum Teil sehr strenge Anforderungen gestellt.