Rz. 119

Eine weitere wichtige und bereits angeführte Eintragung auf dem Messprotokollausdruck stellt die Angabe der Uhrzeit der jeweiligen Atemprobenmessung dar (zu finden unter Probandenmessung 1 bzw. Probandenmessung 2). Von besonderer Bedeutung ist hierbei der zeitliche Abstand zwischen dem gesicherten Trinkende (in den meisten Fällen dem Vorfallszeitpunkt bzw. der Tatzeit gleichzusetzen) und der Probandenmessung 1. Diese sog. Wartezeit darf entsprechend den Durchführungsbestimmungen für eine korrekte AAK-Messung nicht unterschritten werden. Hintergrund hierfür ist die bereits eingangs erwähnte Ungleichverteilung des Alkohols zwischen venösem Blut und Atemluft in der Resorptionsphase. Um in dieser Phase den Gleichstellungsgrundsatz nicht zu verletzen, wird gemäß der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift "Feststellung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten; Sicherstellung und Beschlagnahme von Führerscheinen" ein Zeitraum zwischen gesichertem Trinkende und erster Probandenmessung von mindestens 20 Minuten als ausreichend angesehen. Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten wurde schon in der Vergangenheit kritisch angemerkt, dass dieses Zeitintervall im Einzelfall nicht ausreichend sein dürfte, um tatsächlich von einem Verteilungsgleichgewicht des Alkohols zwischen venösem Blut und Atemluft ausgehen zu können.[63] Allerdings hat diese wissenschaftlich begründete Kritik keinen Einfluss auf die o.g. Verwaltungsvorschriften und auch nicht auf die derzeit gültige Rechtsprechung erfahren.

 

Rz. 120

Wurde die AAK-Messung mit dem Messgerät Alcotest® 7110 Evidential durchgeführt, so wird man in der Gutachterpraxis gelegentlich mit Einzelfällen konfrontiert, bei denen diese Wartezeit von 20 Minuten unterschritten wurde. In den Fällen, bei denen die AAK nur gering über dem im § 24a StVG vorgegebenen Grenzwert von 0,25 mg/L liegen, wird man zu dem Ergebnis kommen müssen, dass – egal ob nur die erste oder sogar auch die zweite Probandenmessung innerhalb der Wartezeit erfolgt waren – die Messung insgesamt nicht den Anforderungen an eine gerichtsverwertbare AAK-Bestimmung entspricht und daher auch nicht verwertbar ist. In den Fällen, bei denen die Messergebnisse deutlich über dem Grenzwert von 0,25 mg/L liegen, sieht sich auch der Gutachter mit der Frage konfrontiert, ob nicht unter Berücksichtigung eines denkbaren Abschlages für die Nichteinhaltung der Wartezeit dennoch von einer verwertbaren AAK-Messung ausgegangen werden kann. Wissenschaftlich begründbare Ansätze zur Lösung dieses ­Problems liefert eine Publikation von Haffner.[64] Grundlage waren Ergebnisse von sog. wissenschaftlichen Trinkversuchen, wobei nur zeitgleiche Messungen von AAK und BAK untersucht werden konnten, bei denen der Messzeitpunkt 10 Minuten nach dem Trinkende und somit 10 Minuten vor Ablauf der eigentlichen Wartezeit erfolgt waren. Demzufolge können bei einem Vorverlegen des Messzeitpunktes um 10 Minuten fälschliche Überhöhungen der AAK von bis zu 35 % resultieren, wenn man eine Aussagesicherheit von 99,5 % anstrebt. Bei kürzeren Unterschreitungen der Wartezeit wären entsprechend geringere Abweichungen zu erwarten. Allerdings war aufgrund des geringen Datenmaterials (Probandenzahl n = 12) keine genauere Aussage zu dieser Problematik möglich, weshalb diese Ergebnisse auch nur als vorläufig eingestuft wurden.

 

Rz. 121

Bei dem neuen AAK-Messgerät Alcotest® 9510 DE wird ein Unterschreiten der Wartezeit von 20 Minuten erheblich erschwert. Im Rahmen der Eingabe der Probandendaten etc. wird nämlich auch die Tatzeit (meist gleichzusetzen mit dem gesicherten Trinkenden) abgefragt. Die Eingabe der Tatzeit ist bei diesem neueren Messgerät obligat. Aufgrund des geräteinternen Abgleichs der eingegebenen Tatzeit mit der Echtzeit wird auch automatisch überprüft, ob die Wartezeit eingehalten wurde. Ist dem nicht so, zeigt das Messgerät Alcotest® 9510 DE im Display an, wie viele Minuten der Wartezeit noch verbleiben. Erst nach Ablauf der vollen Wartezeit von 20 Minuten ist ein Fortgang des Messzyklus möglich. Hierdurch wurde seitens des Herstellers der zuvor geschilderten Problematik entgegen getreten, sodass eine Unterschreitung der Wartezeit bei Anfechtungen einer solchen AAK-Messung nahezu keine Rolle mehr spielen wird.

[63] Schuff/Riepert/Erkens/Weinrich/Graß/Iffland, BA 39, 145 – 153; Dettling/Fischer/Böhler/Ulrichs/Schuff/Skopp/von Meyer/Graw/Haffner, BA 43, 257 – 268.
[64] Haffner/Graw/Dettling, BA 44, 283 – 290.

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