Rz. 90
Durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge wurden die §§ 851c und 851d ZPO neu ins Gesetz aufgenommen. Ziel des Gesetzgebers ist, die Absicherung der Altersvorsorge selbstständiger Personen zu regeln und gleichen Schutz wie bei abhängig Beschäftigten zu gewähren.
Ansprüche auf Leistungen, die aufgrund von Verträgen gewährt werden, dürfen nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, wenn die Leistung in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt wird, über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf, die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigte ausgeschlossen ist und die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde (§ 851c Abs. 1 ZPO). Neben den Rentenleistungen wird aber auch der Kapitalstock abgesichert, aus dem die Rente erwirtschaftet wird; die entsprechenden Beträge ergeben sich aus § 851c Abs. 2 ZPO. Pfändungsschutz nach § 851c Abs. 1 ZPO besteht nach Ansicht des BGH grundsätzlich nur dann, wenn die dort unter den Nr. 1–4 genannten Voraussetzungen kumulativ im Zeitpunkt der Pfändung vorliegen. Enthält der Vertrag, aus dem sich die gepfändeten Ansprüche ergeben, allerdings Bestimmungen, die einen späteren Eintritt der Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 Nr. 3 ZPO endgültig sicherstellen, greift der Pfändungsschutz ab diesem späteren Zeitpunkt ein. Eine Lebensgefährtin ist keine Hinterbliebene des Schuldners im Sinne des § 851c Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Im Kern führt der BGH zum Zweck der Vorschrift aus, dass hierdurch Selbstständigen, die anders als Arbeitnehmer oder Beamte keine öffentlich-rechtlichen Rentenleistungen beziehen, vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen der Erhalt existenzsichernder Einkünfte im Alter oder bei Berufsunfähigkeit gesichert werden soll. Zugleich soll damit der Staat dauerhaft von Sozialleistungen entlastet werden (BT-Drucks 16/886, 7). Kann sich nach der Vertragslage eine Situation, der die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO entgegenwirken wollen, und die darin besteht, dass der Schuldner Vermögenswerte zweckwidrig dem Gläubigerzugriff entzieht, nicht mehr verwirklichen, ist der Altersvorsorgecharakter des Vertrages gesichert. Es besteht dann kein Grund, dem Schuldner den Pfändungsschutz zu versagen. Es wäre mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinbaren, wollte man den Schuldner auch dann noch auf staatliche Transferleistungen verweisen. Dem vom Gesetzgeber weiterhin verfolgten Zweck, einen Anreiz für die Schaffung privater Altersvorsorge zu schaffen (BT-Drucks 16/886, S. 7) würde damit tendenziell entgegengewirkt. Deshalb hindert es den Pfändungsschutz nicht, dass dem Schuldner hier vertraglich ein Kapitalisierungsrecht (vgl. § 851c Abs. 1 Nr. 4 ZPO) eingeräumt war; denn dieses Recht ist bereits drei Monate vor Beginn der vereinbarten Rentenzahlungen erloschen, bestand also zur Zeit der Pfändung nicht mehr.
Rz. 91
Nach einem grundlegenden Urteil des BGH muss in § 851c Abs. 1 Nr. 1 ZPO das Tatbestandsmerkmal der lebenslangen Leistung sowohl bei der Alternative des Leistungsbeginns nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres als auch der Alternative des Leistungsbeginns mit Eintritt der Berufsunfähigkeit vorliegen. § 851c Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfasst zudem Leistungen ab Eintritt der Berufsunfähigkeit, selbst wenn diese zwar nicht lebenslang erbracht, aber zusammen mit den sich unmittelbar anschließenden Leistungen zur Versorgung im Alter geschuldet werden, und beide Leistungen zusammen lebenslang in regelmäßigen Zeitabständen eine im Wesentlichen gleich bleibende Leistung erbringen. Wird hinsichtlich der Altersrente ein Kapitalwahlrecht gewährt, lässt dies den Pfändungsschutz auch hinsichtlich einer vor der Altersrente gewährten und mit dieser zusammen der Existenzsicherung dienenden Berufsunfähigkeitsrente entfallen (§ 851c Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Es darf somit die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen für den Todesfall, nicht vereinbart worden sein. Dem Versicherungsnehmer darf kein Kapitalwahlrecht eingeräumt worden sein. Wird ein Kapitalwahlrecht hinsichtlich der Altersrente gewährt, lässt dies den Pfändungsschutz des § 851c ZPO auch hinsichtlich der Berufsunfähigkeitsrente entfallen. Denn es darf insgesamt wegen aller dem Pfändungsschutz des § 851c Abs. 1 ZPO unterstellten Ansprüche keine Zahlung einer Kapitalleistung vereinbart werden. Zum einen schließt dies die von § 851c Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorausgesetzte lebenslange Leistung in regelmäßigen Zeitabständen aus. Zum anderen ist damit nicht mehr sichergestellt, dass der Versicherungsnehmer das Vorsorgekapital insgesamt nicht zu anderen Zwecken als dem der Altersvorsorge nutzen kann.
Rz. 92
Der Gesetzgeber wählte bewusst den Begriff "Ansprüche auf Leistungen", um so klarzustellen, dass nicht nur Lebensversicherungsverträge oder private Rentenversicherungsverträge geschützt sind, sondern jedes Produkt, d...