Rz. 459

Ein Rechtsanwalt kann aufgrund einer formfrei geschlossenen Vergütungsvereinbarung für anwaltliche Tätigkeiten eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur verlangen, soweit der Gegenstand des Auftrags die in § 34 Abs. 1 RVG genannte Beratung ist und diese nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt oder es sich um die Ausarbeitung schriftlicher Gutachten oder die Tätigkeit als Mediator handelt. Erstreckt sich der Auftrag, für den die Vergütungsvereinbarung getroffen wird, auch auf anwaltliche Tätigkeiten, für die andere gesetzliche Gebührentatbestände gelten, kann der Anwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung aus der Vergütungsvereinbarung nur fordern, wenn sie die Anforderungen des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG einhält (§ 4b RVG).[1748]

Die durch den Gesetzgeber[1749] mit der Neufassung des § 34 RVG bezweckte Deregulierung der außergerichtlichen Beratungstätigkeit und die damit verbundene Förderung und Erleichterung des Abschlusses von Gebührenvereinbarungen nach § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG rechtfertigt es nicht, den Anwendungsbereich der Vorschrift über die gesetzliche Wertung hinaus auszudehnen.[1750] Es entspricht weder dem gesetzgeberischen Willen noch den § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG zugrunde liegenden Wertungen, den Anwendungsbereich einer formfreien Gebührenvereinbarung auch auf anwaltliche Tätigkeiten zu erstrecken, welche – wie etwa eine Geschäftstätigkeit nach Nr. 2300 RVG-VV – die Voraussetzungen eines anderen gesetzlichen Gebührentatbestandes erfüllen. Ein derartig weites Verständnis einer Gebührenvereinbarung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG widerspricht vielmehr dem für den Bereich der gesetzlichen Gebührentatbestände mit der Formvorschrift des § 3a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 RVG bezweckten Schutz des – häufig geschäftsunerfahrenen – Auftraggebers.[1751]

Ob ausschließlich eine Beratungstätigkeit i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG zwischen den Parteien vereinbart ist oder ob der anwaltliche Auftrag auch eine Geschäftstätigkeit gem. Nr. 2300 RVG-VV umfasst, ist eine Frage der tatrichterlichen Auslegung. Diese kann in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt dahingehend überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentlicher Auslegungsstoff unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist.[1752]

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