Rz. 420
Handelt es sich um einen – umfassenden oder beschränkten (vgl. Rdn 16 ff.) – Anwaltsvertrag mit der dafür typischen Rechtsbeistandspflicht des Rechtsanwalts (§ 3 Abs. 1 BRAO) – also um einen echten Anwaltsvertrag (vgl. Rdn 1) –, so liegt i.d.R. ein Dienstvertrag, ausnahmsweise ein Werkvertrag vor, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§ 675 Abs. 1 mit § 611 oder § 631 BGB; vgl. Rdn 3). In einem solchen Falle übt ein in Deutschland zugelassener Rechtsanwalt oder eine deutsche Rechtsanwaltsgesellschaft "Berufstätigkeit" i.S.d. § 1 Abs. 1 BRAGO bzw. "anwaltliche Tätigkeiten" i.S.d. § 1 Abs. 1 RVG aus. Dann gründet sich der Anspruch eines Rechtsanwalts auf "Vergütung (Gebühren und Auslagen)" i.S.d. Bestimmungen bei einem Anwaltsdienstvertrag auf §§ 611, 612 Abs. 1, § 675 Abs. 1 BGB, bei einem Anwaltswerkvertrag auf §§ 631, 632 Abs. 1, § 675 Abs. 1 BGB, jeweils ergänzt durch die Sonderregelungen des RVG und – für Altfälle (§§ 60, 61 RVG) – der BRAGO betreffend die Fälligkeit (§ 8 RVG/§ 16 BRAGO), einen Vorschuss (§ 9 RVG/§ 17 BRAGO) und die Einforderung (§ 10 RVG/§ 18 BRAGO); der Höhe nach bemisst sich die anwaltliche Vergütung dann regelmäßig nach der gesetzlichen Grundlage (§ 2 RVG/§§ 1 bis 3 BRAGO). Danach ist zum Abschluss eines solchen Anwaltsvertrages eine Einigung über die gesetzliche Vergütung grds. nicht notwendig. Kann bei einem Werkvertrag eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung über die Vergütung nicht festgestellt werden, so darf ein Werklohnanspruch schon dann nicht zugesprochen werden, wenn durchgreifende Zweifel bestehen, dass die Herstellung des Werks nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.
Rz. 421
Nach § 49b Abs. 5 BRAO hat der Rechtsanwalt seit dem 1.7.2004, wenn sich seine Gebühren nach dem Gegenstandswert richten (§ 2 RVG), hierauf vor Übernahme des Auftrags hinzuweisen. Grund für diese Neuregelung war der Umstand, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu Unzuträglichkeiten geführt hatte, wenn Mandanten v.a. bei hohen Gegenstandswerten von der Abrechnung "überrascht" wurden. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass nach einem entsprechenden Hinweis ein Mandant, der die Folgen dieser Form der Gebührenberechnung nicht abschätzen kann, den Rechtsanwalt hierzu näher befragt. Nach der Gesetzesregelung selbst ist der Anwalt allerdings nicht verpflichtet, ohne weitere Nachfrage Angaben zur Höhe der Gebühr oder des Gegenstandswertes zu machen.
Rechtssystematisch handelt es sich bei der Hinweispflicht gem. § 49b Abs. 5 BRAO zwar um ein Gebot, das die allgemeinen Berufspflichten des Anwalts nach § 43 Satz 1 BRAO konkretisiert, gleichwohl hat die Bestimmung nicht nur berufsaufsichtliche Bedeutung. Die Pflicht, den Mandanten gem. § 49b Abs. 5 BRAO zu belehren, dient ausweislich der Entwurfsbegründung in erster Linie dem Schutz des Mandanten. Sie ist mithin eine zivilrechtlich relevante Verpflichtung, die, weil der Hinweis vor Übernahme des Auftrags zu erfolgen hat, regelmäßig vorvertraglicher Art ist. Unter besonderen Umständen kann die Hinweispflicht erst im Laufe eines Auftrags entstehen. Aus dem (vor)vertraglichen Charakter der Hinweispflicht folgt ferner, dass eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht gem. § 280 Abs. 1 BGB zur Schadensersatzpflicht des Rechtsanwalts führen kann. Durch einen Verstoß gegen die vorvertragliche Hinweispflicht des Anwalts entfällt nicht unmittelbar der Vergütungsanspruch für seine anwaltliche Tätigkeit. § 49b Abs. 5 BRAO enthält kein gesetzliches Verbot, Anwaltsverträge ohne einen solchen Hinweis abzuschließen. § 134 BGB findet deshalb keine Anwendung. Wenn der Mandant allerdings bei einem entsprechenden Hinweis den Anwalt nicht beauftragt hätte, kann dies dazu führen, dass der Anwalt keinen oder nur einen geringeren Vergütungsanspruch geltend machen kann. Bei vorsätzlicher Verletzung der Hinweispflicht kommt zudem eine Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung in Betracht (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266 StGB).
Rz. 422
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Anwalt der Hinweispflicht des § 49b Abs. 5 BRAO nachgekommen ist, trägt der Mandant. Die Hinweispflicht stellt zivilrechtlich eine Beratungspflicht dar, sodass die allgemeinen Grundsätze bei Verletzung von Aufklärungs- oder Beratungspflichten zum Tragen kommen. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass der Rechtsanwalt den behaupteten unterlassenen Hinweis substanziiert bestreiten und darlegen muss, wie er im Einzelnen der Hinweispflicht nachgekommen ist. Dem Mandanten obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft. Eine Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Dokumentationsobliegenheit. Auch insoweit gilt der Grundsatz, dass der Rechtsberater keiner Dokumentationspflicht unterliegt. Gleichwohl sollte d...