Rz. 449
Die Textform dient nach der Gesetzesbegründung zu § 126b BGB dem Zweck, den Rechtsverkehr in den Fällen zu vereinfachen, in denen eine Erklärung – etwa aus Informations- oder Dokumentationsgründen – zwar einer textlichen Niederlegung bedarf, aber die Einhaltung der strengeren Schriftform wegen des Erfordernisses der eigenen Unterschrift unangemessen verkehrserschwerend ist. Dies komme insb. bei Vorgängen in Betracht, bei denen die Beweis- und Warnfunktion der Schriftform allenfalls geringe Bedeutung hat und bei denen keiner der Beteiligten und auch kein Dritter ein ernsthaftes Interesse an einer Fälschung der Erklärung haben kann. Gleichwohl sollte auch für die Textform des § 3a Abs. 1 RVG der Grundsatz gelten, dass die Einhaltung des Formerfordernisses streng zu beachten ist. Der Beweis- und Warnfunktion kommt im Bereich der Vergütungsvereinbarung nach wie vor eine nicht unwesentliche Bedeutung zu. Wie die übrigen Regelungen in § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG zeigen, wollte der Novellengesetzgeber den bisherigen Rechtschutz ersichtlich nicht einschränken.
Um der Textform zu genügen, muss die Erklärung in einer Urkunde oder in einer anderen zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben werden. Danach reichen Verkörperungen auf Papier, USB-Stick, Diskette, CD-ROM, ferner E-Post oder ein Computerfax aus.
Anders als bei der Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB), bei welcher die Unterschrift den räumlichen Abschluss der Urkunde bildet, kennt die Textform keine starre Regelung für die Kenntlichmachung des Dokumentenendes. Es bedarf jedenfalls eines eindeutig wahrnehmbaren Hinweises, der sich räumlich am Ende befindet und inhaltlich das Ende der Erklärung verlautbart. Zur Erfüllung dieses Zwecks kommt neben der Namensunterschrift ein Zusatz wie "diese Erklärung ist nicht unterschrieben", ein Faksimile, eine eingescannte Unterschrift, eine Datierung oder Grußformel in Betracht. Durch den räumlichen Abschluss der Erklärung muss die Ernstlichkeit des Textes in Abgrenzung eines keine rechtliche Bindung auslösenden Entwurfs deutlich gemacht werden. Der Textform ist nicht genügt, wenn es infolge nachträglicher, handschriftlicher Ergänzungen an einem räumlichen Abschluss der Vereinbarung fehlt. Diese Grundsätze gelten auch für die ab 13.6.2014 maßgebliche Neufassung des § 126b BGB, auch wenn dort der Abschluss der Erklärung nicht mehr aufgeführt wird.
Rz. 450
Ein abstraktes Schuldanerkenntnis, das nicht auf den Schuldgrund hinweist, genügt nach diesem Schutzzweck nicht dem Formerfordernis; vielmehr muss die Vereinbarung einen konkreten Hinweis enthalten, für welche anwaltliche Tätigkeit die vereinbarte Vergütung zu zahlen ist. Ein solches Schuldanerkenntnis ist auch keine Leistung, die eine formunwirksame Vergütungsabrede heilt (§ 4 Abs. 1 Satz 3 RVG a.F./§ 3 Abs. 1 Satz 2 BRAGO).
Rz. 451
Die Vergütungsvereinbarung muss nach § 3a Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 RVG von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Die bisherige Rechtsprechung zu § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG a.F./§ 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO bleibt mithin im Wesentlichen weiterhin beachtlich. Danach berühren Nebenabreden zur Vergütungsforderung die Rechtswirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung insoweit nicht, als sie Fälligkeit, Stundung, Ratenzahlung, Erfüllungsort, Gerichtsstand eines Vergütungsstreits und entgeltliche Nebenleistungen zum Gegenstand haben. Gleiches gilt für ein nur auf die Honorarabrede bezogenes Empfangsbekenntnis sowie für eine Sicherungsabtretung etwaiger Erstattungsansprüche.
Schädliche Nebenabreden, die zur Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung führen, betreffen bspw.
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einen Gerichtsstand für sämtliche Ansprüche aus dem Anwaltsvertrag; |
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den Vergütungsanspruch bei vorzeitiger Vertragsbeendigung sowie Änderungen, Ergänzungen und Kündigung der Vergütungsvereinbarung; |
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die Festlegung der anwaltlichen Rechtsbetreuung und die Begrenzung der Haftung des Rechtsanwalts. |
Eine Honorarvereinbarung kann auch dann unwirksam sein, wenn die formularmäßige Vergütungsvereinbarung ein nicht nur auf die Honorarabrede bezogenes Empfangsbekenntnis des Auftraggebers enthält.
Im Grundsatzurteil vom 3.12.2015 hat sich der BGH mit dem Rechtsbegriff "deutlich abgesetzt" eingehend befasst. Maßgeblich sind weder die Anforderungen an die äußere Gestaltung einer Widerrufsbelehrung nach Art. 246 Abs. 3 EGBGB noch diejenigen, die im Heilmittelwerberecht (§ 4 Abs. 3 Satz 1 HWG) oder Arzneimittelrecht (§ 11 Abs. 5 Satz 2 AMG) an "deutlich abgesetzte und abgegrenzte" Angaben gestellt werden. Entscheidend sind vielmehr die vom Gesetzgeber mit § 3a Abs. 1 RVG verfolgten Regelungsziele. Danach soll die räumliche Trennung zwischen der Vergütungsvereinbarung und sonstigen Abreden dem Schutz des rechtsuchenden Auftraggebers dienen. Der Mandant soll auf die Vergütungsvereinbarung klar...