Rz. 338
Besondere Regeln sind bei Mandaten mit Auslandsbezug zu beachten. Verträge enthalten etwa regelmäßig Rechtswahl- und internationale Gerichtsstands- bzw. Schiedsklauseln.
aa) Zusammenarbeit mit ausländischen Anwälten
Rz. 339
Weist ein Vertrag einen Bezug zu einer ausländischen Rechtsordnung auf, ist zunächst zu prüfen, ob nach den Regeln des Internationalen Privatrechts die Anwendung des ausländischen Rechts in Betracht kommt. Ist dies anzunehmen, handelt ein deutscher Rechtsanwalt grds. gewissenhaft, wenn er einen Vertragsentwurf einem Anwalt aus dem fremden Rechtskreis vorlegt, damit dieser den Entwurf auf etwaige Risiken für den Mandanten überprüft. Der Anwalt sollte dafür sorgen, dass der entsprechende Vertrag zwischen dem Mandanten und dem ausländischen Anwalt zustande kommt, weil er andernfalls für dessen Fehler nach § 278 BGB einstehen muss. Gelingt dies, kann sich die Pflicht des deutschen Rechtsanwalts auf die Kontrolle beschränken, ob der ausländische Anwalt seine Prüfung auf alle entscheidenden Punkte des Vertragsentwurfs erstreckt hat. Wie weit die Prüfungspflicht des deutschen Rechtsanwalts geht, ist eine Frage der Auslegung des Anwaltsvertrages. Der deutsche Rechtsanwalt darf grds. davon ausgehen, dass ein vom Auftraggeber schon vorher eingeschalteter ausländischer Anwalt sein Heimatrecht kennt und nach diesem Recht einen seiner Natur nach alltäglichen Vertrag fehlerfrei entworfen hat. Pflichtwidrig ist es allenfalls, wenn der deutsche Rechtsanwalt den ausländischen Anwalt nicht sorgfältig ausgewählt, instruiert oder überwacht hat (zur Zusammenarbeit mit ausländischen Anwälten vgl. § 1 Rdn 356–384).
bb) Rechtswahlklauseln
Rz. 340
Speziell für die Wahl zwischen zwei oder mehreren Rechtsordnungen ist noch ein weiteres zu bedenken. Beruft sich der Mandant ggü. dem Rechtsanwalt darauf, dass dieser ihm geraten habe, sich auf eine Rechtsordnung einzulassen, die sich später als für ihn nachteilig erweist, ist davon auszugehen, dass die staatlichen Rechtsordnungen einander in dem Bemühen, einen gerechten Ausgleich der betroffenen Interessen herbeizuführen, grds. gleichwertig sind. Dies bedeutet nicht, dass die einzelnen Rechtsordnungen auch gleichartig sein müssen. Sie können hinsichtlich der Problemlösungen im Detail unterschiedliche Bewertungen vornehmen, andere Rechtsfolgen vorsehen und zu inhaltlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen. Deswegen kann einem Rechtsanwalt nicht ohne weiteres vorgeworfen werden, er habe eine "falsche" Rechtsordnung empfohlen. Zwar mag sich die gewählte Rechtsordnung anlässlich eines späteren Streitfalls für den Mandanten im Einzelfall als nachteilig erweisen. Umgekehrt kann die Vertragsgestaltung den Mandanten unter einem anderen Gesichtspunkt ggü. seinem Vertragspartner aber auch begünstigen. Deshalb ist es wichtig, alle für den Vertrag relevanten Umstände in eine Gesamtbewertung einzubeziehen. Diese darf sich nicht auf Ausschnitte des Gesamtproblems beschränken. Entsprechendes gilt, wenn die Parteien in einem Vertrag eine Gerichtsstands- oder Schiedsgerichtsvereinbarung ausgehandelt haben. Entsprechende rechtsvergleichende Prüfungen und Belehrungen sind jedoch aufwändig.
cc) Vertragssprache und Beratungssprache
Rz. 341
Immer wieder ist zu beobachten, dass ein Vertrag, der deutschem Recht unterliegt, nicht in deutscher Sprache, sondern in einer anderen Sprache, insb. in Englisch, verfasst wird. Dann besteht die nahe liegende Gefahr, dass wegen der ausländischen Fachbezeichnungen ein Auslegungsrisiko entsteht. Dies hat ein Rechtsanwalt aber nach Möglichkeit zu vermeiden und für unmissverständliche Erklärungen unter Verwendung der einschlägigen Fachausdrücke zu sorgen (vgl. Rdn 325 f.). Daher empfiehlt es sich in solchen Fällen, zumindest auch eine deutschsprachige Version des Vertrages anzufertigen, welche für Auslegungsfragen als maßgeblich bestimmt wird. Praktisch durchsetzbar wird das oft nicht sein. Zwei gleichermaßen verbindliche Sprachfassungen bringen keinen Vorteil.
Rz. 342
Zu beobachten ist in manchen Branchen, in denen die Arbeitssprache in großen oder international tätigen Unternehmen auch innerhalb Deutschlands Englisch ist (z.B. IT-Unternehmen, Banken), dass auch die (schriftliche) Beratung durch deutsche Rechtsanwälte und Steuerberater (v.a. aus internationalen Anwaltskanzleien) in Englisch durchgeführt wird, obwohl alle Beteiligten Deutsche sind und es um Frag...