Rz. 447
Gem. des seit 1.7.2008 geltenden § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG bedarf eine Vereinbarung der Vergütung der Textform. Die Neuregelung weist ggü. dem bisherigen Rechtszustand zwei gegenläufige Veränderungen auf. Nach bisherigem Recht wurde danach unterschieden, ob eine höhere oder eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden soll. Für eine Abrede, die eine höhere Vergütung vorsah, galt das Formerfordernis des § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG a.F., wonach die Erklärung des Auftraggebers schriftlich abgegeben werden musste. Nunmehr sieht § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG unterschiedslos für alle Vergütungsvereinbarungen das Formerfordernis der Textform vor. Der RegE hielt konsequenterweise noch am bisherigen Schriftformerfordernis fest. Im Gesetzgebungsverfahren schwenkte der Rechtsauschuss nach Vorschlägen und Hinweisen aus der Anwaltschaft auf die erleichterte Form der Textform um.
Nach § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG muss die Vereinbarung als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise – etwa Honorarschein oder Honorarvereinbarung – bezeichnet werden. Ferner muss die Vergütungsvereinbarung von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Diese Anforderungen entsprechen im Wesentlichen den bisherigen Erfordernissen nach § 4 Abs. 1 RVG a.F.
§ 27 BORA steht einer Abrede nicht entgegen, wonach sich die Vergütung eines Rechtsanwalts, der als freier Mitarbeiter die auftraggebende Rechtsanwaltsgesellschaft beim Aufbau eines bundesweiten Filialnetzes von Anwaltskanzleien unterstützen soll, am Umsatz der von ihm angeworbenen Partner ausrichtet.
Ein Rechtsanwalt kann aufgrund einer formfrei geschlossenen Vergütungsvereinbarung – unabhängig von ihrer Bezeichnung (§ 133 BGB, § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG) – für anwaltliche Tätigkeiten eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur verlangen, soweit der Gegenstand des Auftrags die in § 34 Abs. 1 RVG genannte Beratung ist.
1. Formzwang
Rz. 448
Das bisherige Erfordernis der Schriftform diente einem doppelten Zweck. Der Mandant sollte davor geschützt werden, unüberlegt, leichtfertig oder sogar unbewusst eine höhere als die gesetzliche Gebührenverpflichtung zu übernehmen (Warnfunktion); daneben sollte eine klare Rechtslage geschaffen und Gebührenstreitigkeiten vorgebeugt werden (Beweisfunktion). Nach der Rechtsprechung war dieser Formzwang zum Schutz des Auftraggebers streng zu beachten. Auch bei der Auslegung einer Vergütungsvereinbarung musste dem strengen Formzwang zum Schutz des Mandanten Rechnung getragen werden.
a) Formerfordernisse nach § 3a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 RVG
Rz. 449
Die Textform dient nach der Gesetzesbegründung zu § 126b BGB dem Zweck, den Rechtsverkehr in den Fällen zu vereinfachen, in denen eine Erklärung – etwa aus Informations- oder Dokumentationsgründen – zwar einer textlichen Niederlegung bedarf, aber die Einhaltung der strengeren Schriftform wegen des Erfordernisses der eigenen Unterschrift unangemessen verkehrserschwerend ist. Dies komme insb. bei Vorgängen in Betracht, bei denen die Beweis- und Warnfunktion der Schriftform allenfalls geringe Bedeutung hat und bei denen keiner der Beteiligten und auch kein Dritter ein ernsthaftes Interesse an einer Fälschung der Erklärung haben kann. Gleichwohl sollte auch für die Textform des § 3a Abs. 1 RVG der Grundsatz gelten, dass die Einhaltung des Formerfordernisses streng zu beachten ist. Der Beweis- und Warnfunktion kommt im Bereich der Vergütungsvereinbarung nach wie vor eine nicht unwesentliche Bedeutung zu. Wie die übrigen Regelungen in § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG zeigen, wollte der Novellengesetzgeber den bisherigen Rechtschutz ersichtlich nicht einschränken.
Um der Textform zu genügen, muss die Erklärung in einer Urkunde oder in einer anderen zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben werden. Danach reichen Verkörperungen auf Papier, USB-Stick, Diskette, CD-ROM, ferner E-Post oder ein Computerfax aus.
Anders als bei der Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB), bei welcher die Unterschrift den räumlichen Abschluss der Urkunde bildet, kennt die Textform keine starre Regelung für die Kenntlichmachung des Dokumentenendes. Es bedarf jedenfalls eines eindeutig wahrnehmbaren Hinweises, der sich räumlich am Ende befindet u...