Rz. 1
Der Gerichtsvollzieher wird nur auf Antrag des Gläubigers tätig (§ 753 Abs. 1 ZPO). Wie in jedem anderen Zwangsvollstreckungsverfahren bestimmt auch hier die Dispositionsmaxime des Gläubigers die Einleitung und den Umfang des Verfahrens. Der Gläubiger kann jederzeit den Vollstreckungsauftrag zurücknehmen, in diesem Fall hat der Gerichtsvollzieher seine Tätigkeit sofort einzustellen, bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen werden aufgehoben.
Rz. 2
Der Antrag kann isoliert oder kombiniert mit einem Antrag auf Vermögensauskunft gestellt werden, § 802a Abs. 2 Nr. 2, § 807 ZPO. Der Antrag auf Vermögensauskunft kann auch allein an den Anfang der Vollstreckung gestellt werden, § 802a Abs. 2 Nr. 2, § 802c ff. ZPO.
Rz. 3
Schriftlich einzureichende Anträge können als elektronisches Dokument beim Gerichtsvollzieher eingereicht werden, § 753 Abs. 4 ZPO. Für das elektronische Dokument gilt § 130a ZPO. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Rz. 4
Wird der Antrag elektronisch an das Vollstreckungsorgan (Gerichtsvollzieher oder Vollstreckungsgericht) übermittelt, muss dieser den Voraussetzungen nach § 130a Abs. 2–4 ZPO entsprechen. Weiterhin zu beachten ist die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronische-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVVERVV).
Rz. 5
Wirksam übermittelt ist ein elektronisches Dokument, wenn es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen und auf einem zugelassenen Übermittlungsweg eingereicht wird (§ 4 Abs. 1 ERVV) oder von der verantwortenden Person einfach signiert und von dieser eigenhändig auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 130a Abs. 4 ZPO) eingereicht wird. Die einfache Signatur i.S.d. § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Nicht genügend ist das Wort "Rechtsanwalt" ohne Namensangabe.
Rz. 6
Mehrere elektronische Dokumente dürfen nicht mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt werden, § 4 Abs. 2 ERVV.
Rz. 7
§ 753 Abs. 5 ZPO verweist auf § 130d ZPO. Dies bedeutet für bestimmte Personen (Rechtsanwalt, Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts) eine Nutzungsverpflichtung zur Übermittlung der Anträge als elektronisches Dokument. Für den elektronisch einzureichenden Vollstreckungsantrag der Vollstreckungsbehörde nach § 322 Abs. 3 AO, der über das besondere elektronische Behördenpostfach übermittelt worden ist, genügt die einfache Signatur der verantwortenden Person. Eines Dienstsiegels bedarf es nicht. Dies gilt ebenfalls bei einer kommunalen Behörde im Wege der Verwaltungsvollstreckung.
Rz. 8
Ist die Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.
Rz. 9
Technische Gründe liegen nur bei einer Störung der für die Übermittlung erforderlichen technischen Einrichtungen vor, nicht dagegen bei in der Person des Einreichers liegenden Gründen, wie etwa eine Erkrankung. Eine bestehende Störung des beA (besondere elektronische Anwaltspostfach) mit der Folge, dass dieses über mehrere Stunden lang nicht zu erreichen war, bedeutet eine vorübergehende technische Unmöglichkeit der Übermittlung als elektronisches Dokument i.S.v. § 130d S. 2 ZPO. Zur Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit kann die Vorlage eines Screenshots ausreichen. Die Glaubhaftmachung muss unverzüglich erfolgen.
Rz. 10
Achtung
Die §§ 130a, 130d, 753 Abs. 4 und 5 ZPO regeln nur die Möglichkeit bzw. die Pflicht und die Anforderungen zur elektronischen Übermittlung von Anträgen an den Gerichtsvollzieher oder das Vollstreckungsgericht. Die Vollstreckungsunterlagen, insbesondere die vollstreckbare Ausfertigung, sind weiterhin vorzulegen, § 754 ZPO (Ausnahme: vereinfachter Vollstreckungsauftrag bei Vollstreckungsbescheiden).
Rz. 11
Hinweis
Aktuell liegt ein Gesetzentwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung vom 13.3.2024 vor (abzurufen unter: https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2023_Digitale_Zwangsvollstreckung.htm).
Der Entwurf beinhaltet weitreichende Änderungen von Vorschriften des Zwangsvollstreckungsverfahrens, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Beauftragung des Gerichtsvollziehers. Um die Anzahl der Aufträge und Anträge in hybrider Form zu reduzieren, soll der Anwendungsbereich der §§ 754a und 829a ZPO erweitert werden. Dadurch soll, in weiterem Umfang als bisher, erlaubt we...