Rz. 1

In diesem Abschnitt gehen wir auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Erblasser und seinen Rechtsnachfolgern ein (vgl. § 1 Rdn 43). An dem folgenden, an unseren Ausgangsfall (siehe § 1 Rdn 53) anknüpfenden Beispiel werden wir die rechtliche Problematik hier in § 2 näher veranschaulichen:

 

Beispiel

L findet auf den diversen von A genutzten Speichermedien (Festplatte des PCs, SSD-Speicher des Laptops, USB-Sticks, CD-ROMs etc.) Dateien mit Dokumenten des A. Es handelt sich dabei sowohl um berufliche als auch um private Aufzeichnungen.

Sie findet bspw. angefangene und abgeschlossene Zeichnungen des A, die er im Rahmen seiner Tätigkeit als Architekt angefertigt hat, sowie Vorskizzen für solche Zeichnungen. Auch einige Textdokumente haben berufliche Inhalte.

Vornehmlich privaten Inhalts ist ein elektronisches Tagebuch, das A geführt hat. A hat dort seine täglichen Aktivitäten, Gedanken und Gefühle ebenso festgehalten wie Notizen, Listen etc. In den Aufzeichnungen finden sich aber auch immer wieder Bezüge zur Arbeit des A.

Auf der PC-Festplatte findet L außerdem einen Ordner "Fotos" mit diversen Unterordnern. Einer dieser Unterordner trägt den Titel "Landschaften", in dem sich tatsächlich lauter Landschaftsaufnahmen finden, auf denen aber keine Personen abgebildet sind.

Die Kinder des A verlangen von L die Herausgabe aller Aufzeichnungen des A, die seine persönlichen Angelegenheiten betreffen. Sie sind der Auffassung, ihnen als den nächsten Angehörigen des A stünden diese Aufzeichnungen allein zu.

 

Rz. 2

Wie wir gesehen haben (siehe § 1 Rdn 27), müssen wir – soweit es nicht um online gespeicherte Daten geht (hierzu § 4) – unterscheiden zwischen

dem Eigentum des Erblassers an seinen Datenträgern und dem daraus folgenden Recht an den dort gespeicherten Dateien (Zeichenebene) auf der einen Seite und
dem Recht an den Inhalten, die durch die Dateien auf dem jeweiligen Datenträger verkörpert werden (Bedeutungsebene), auf der anderen Seite.
 

Rz. 3

Haben Dritte an den Inhalten Rechte, so können sie Ansprüche gegen die Erben haben, etwa auf Löschung oder Herausgabe von Daten. Diese Konstellationen werden ausführlich in § 3 untersucht. In diesem Kapitel konzentrieren wir uns dagegen auf die Konstellation, dass der Erblasser auch Inhaber der Rechte an den Inhalten ist.

 

Rz. 4

Da mit dem Erbgang das Vermögen des Erblassers als Ganzes (vgl. § 1922 BGB) auf die Erben übergeht – also alle Rechtsverhältnisse des Erblassers, auch solche nichtvermögensrechtlicher Art[1] – sollten aus der oben genannten Unterscheidung für den Erbgang eigentlich keine Besonderheiten folgen. Das wird von einigen insbesondere mit Hinweis auf das (postmortale) Persönlichkeitsrecht des Erblassers allerdings anders gesehen. So sollen Inhalte, die (höchst-)persönliche Angelegenheiten des Erblassers betreffen, nicht den Erben, sondern den (nächsten) Angehörigen zustehen oder aus Gründen des Schutzes des Erblassers sogar niemandem.[2] Wie wir sehen werden, kann dem nicht gefolgt werden. Auch das Recht des Erblassers an seinen (höchst-)persönlichen Inhalten ist Bestandteil seines Vermögens und geht auf seine Erben über.

[1] Vgl. nur Palandt/Weidlich, § 1922 BGB Rn 7.
[2] In diese Richtung wohl KG, Urt. v. 31.5.2017 – 21 U 9/16 (dort Rn 71), ZErb 2017, 225 = ErbR 2017, 496 = ZEV 2017, 386. Die Revision gegen das Urteil des KG ist anhängig beim BGH unter dem Az. III ZR 183/17.

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