Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 993
Ausgangspunkt zur Bestimmung des Inhalts der Amtspflicht zur Sicherung öffentlicher Verkehrswege ist der allgemeine deliktsrechtliche Grundsatz, dass jeder, der durch die Eröffnung eines Verkehrs auf seinem Grundstück Gefahrenquellen schafft, alle Maßnahmen zu treffen hat, die zum Schutze Dritter notwendig sind. Allerdings ist eine Verkehrssicherung, die jede Gefahr und jeden Unfall ausschließt, schlechterdings nicht erreichbar. Nicht jede Gefahrenquelle ist auch eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle. Es kommt auch auf die berechtigten Sicherheitserwartungen der Nutzer an.
Rz. 994
Dies vorausgeschickt darf der Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen, dass er vor nicht ohne Weiteres erkennbaren Gefahren geschützt wird und dabei in erster Linie vor solchen Gefahren, die generell zu besonders schweren Schäden führen können. Der Sicherungspflichtige darf seinen Pflichtenkreis daran bemessen, dass sich der Benutzer der Verkehrsflächen in verständiger Weise auf erkennbare Gefahren einstellt und sich vor ihnen selbst absichert. Je offensichtlicher sich eine Gefahr darstellt und vor sich selbst warnenden Charakter hat oder je eher mit ihr zu rechnen ist, desto geringer sind die berechtigten Sicherheitserwartungen und desto mehr kann der Sicherungspflichtige darauf vertrauen, dass die Benutzer ihr Verkehrsverhalten darauf einstellen. Zunächst ist Maßstab der berechtigte Verkehr und die zweckentsprechende Nutzung der Verkehrsfläche. Ist für den Sicherungspflichtigen aber zu erkennen oder zu erwarten, dass beispielsweise Beschränkungen aus der Widmung der Verkehrsfläche nicht beachtet werden, hat er diese zweckwidrige Nutzung bei erforderlichen Sicherungsmaßnahmen einzustellen. Naheliegendes Fehlverhalten ist zu berücksichtigen. Jedoch kann nicht mehr nachvollziehbares Fehlverhalten Dritter nicht mehr zu Lasten des Verkehrssicherungspflichtigen gehen. Darüber hinaus gilt, dass der Nutzer einer Straße die Verkehrsfläche in demjenigen Zustand hinzunehmen hat, in dem sie sich ihm erkennbar darbietet. Der sicherungspflichtige Baulastträger ist danach nicht verpflichtet, eine Verkehrsfläche, die sich in einem allgemein schlechten Zustand befindet, auszubauen und in einen Zustand zu versetzen, der jede Beeinträchtigung des Verkehrs ausschließt. Das ändert nichts daran, dass unter Umständen auf einen allgemein gefahrträchtigen Zustand durch Warnungen hinzuweisen sein kann, etwa in einem abrupten Übergangsbereich bei schlechter Erkennbarkeit im Dunkeln.