Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 243
Der Ausgleich von Unfallschäden, die Dritte verantwortlich verursacht haben, erfolgt vielfach durch private Versicherer. Versicherungen können vom potentiellen Geschädigten selbst abgeschlossen sein (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Unfallversicherung, Kaskoversicherung), aber auch für den potentiellen Schädiger bestehen. Im Vordergrund steht hier die private Haftpflichtversicherung, die nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung nicht nur den Schädiger entlastet, sondern auch sicherstellt, dass die Versicherungssumme dem Geschädigten zugutekommt. Ist sie als Pflichthaftpflichtversicherung ausgestaltet (§§ 113 ff. VVG), hat der Geschädigte einen Direktanspruch gegen den finanziell leistungsfähigen Versicherer (§ 115 VVG), wobei die Leistungspflicht auch bei Obliegenheitsverletzungen des Schädigers als Versicherungsnehmer besteht (§ 117 VVG). Lediglich bei vorsätzlichem Handeln besteht kein Direktanspruch (vgl. oben Rdn 139 ff.). Der Abschluss einer Pflichthaftpflichtversicherung ist nicht nur für Kraftfahrzeuge (§§ 1, 4 PflVG), sondern in einer Vielzahl von Fällen angeordnet. Die Leistung einer freiwilligen Haftpflichtversicherung besteht in der Freistellung des Schädigers von den begründeten Ansprüchen des Geschädigten; eine Zahlung an den Schädiger selbst erfolgt nur, soweit er den Haftungsanspruch des Geschädigten bereits erfüllt hat (§§ 101, 106 VVG).
Rz. 244
Werden Leistungen privater Versicherer in Anspruch genommen, ist § 86 VVG zu beachten. Abs. 1 S. 1 bestimmt: Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Die Vorschrift gilt ausschließlich für die Fälle der Schadensversicherung, nicht der Summenversicherung. Schadensversicherungen sind auf bestimmte Schadensfälle zugeschnitten. Aus dem Bereich der Sachversicherung sind zu nennen z.B. Feuer-, Hagel-, Tier-, Transport-, Haftpflicht-, Rechtsschutz-, Einbruchdiebstahl-, Leitungswasser-, Sturm-, Betriebsunterbrechungs-, Fahrzeug-, Reisegepäckversicherung und der gesamte Bereich der Technischen Versicherungen. Aus dem Bereich des Personenschadens ist die Krankenversicherung eine Schadensversicherung; Krankheitskostenversicherung, Unfallversicherung, Insassenunfallversicherung und Tagegeldversicherung können als Schadensversicherung ausgestaltet sein.
Rz. 245
Wichtig ist, bei der Unfallschadensregulierung das Bestehen und die evtl. Inanspruchnahme von Schadensversicherungen zu berücksichtigen. Gehen Ansprüche gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf einen Versicherer über, ist der Geschädigte selbst nicht mehr aktivlegitimiert. Anders als bei der Sozialversicherung (§ 116 SGB X) findet der Anspruchsübergang nicht schon im Unfallzeitpunkt, sondern nur statt, soweit der Versicherer seine Leistung erbracht hat. Vor der Leistungserbringung findet der Anspruchsübergang nicht statt, auch nicht durch das verbindliche Anerkenntnis des Versicherers, dass ein entschädigungspflichtiger Schaden oder eine Leistungspflicht des Versicherers besteht. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Anspruchsübergang nur hinsichtlich kongruenter Leistungen erfolgt und dass dem Geschädigten nach § 86 Abs. 1 S. 2 VVG ein Quotenvorrecht zusteht. Insbesondere in Mithaftungsfällen muss sich der Geschädigte, der die private Versicherung in Anspruch nimmt, nicht mit dem vom Schädiger geschuldeten quotierten Betrag begnügen.