Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 1114
Dass "etwas anderes bestimmt" i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB ist, kann sich aus dem Gesetz, einer ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, also aus den Besonderheiten des tatsächlichen Geschehens ergeben. Beispiel für den bestimmenden Einfluss zugrunde liegender Schuldverhältnisse ist der Ausgleich unter Mitbürgen oder im Rahmen eines Zugewinnausgleichs einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
Rz. 1115
Im Unfallhaftpflichtrecht hat der die Schadensersatzpflicht begründende Sachverhalt zentrale Bedeutung für die Aufteilung des Schadens auf mehrere Schuldner. Deren innere Verbindung zu einem schadensstiftenden Vorgang liegt in dem zu vertretenden Anteil an der Verursachung. Der zurechenbare Verursachungsbeitrag ist deshalb auch das beherrschende Gestaltungs- und Verteilungsprinzip für den gesamtschuldnerischen Innenausgleich. Die Abwägung folgt dabei grundsätzlich vergleichbaren Regeln, wie sie für die Ermittlung des Eigenverursachungsanteils des Geschädigten gelten (§ 254 BGB, § 17 StVG, § 5 ProdHaftpflG, § 13 HaftpflG, § 41 LuftVG). Die zu diesen Bestimmungen entwickelte Rechtsprechung kann entsprechend herangezogen werden. Es ist danach in erster Linie zu fragen, in welchem Maße welcher Beitrag der am Unfall Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen hat. Das jeweilige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung.
Rz. 1116
Es gibt allerdings gesetzliche Ausgleichsregeln, die als andere Bestimmungen i.S.v. § 426 Abs. 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen sind. So trägt der als Gesamtschuldner neben Fahrer und Halter eines Kraftfahrzeugs mithaftende Versicherer gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 VVG im Verhältnis der Gesamtschuldner untereinander den Schaden allein, soweit er dem Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsverhältnis zur Leistung verpflichtet ist. Soweit eine solche Verpflichtung nicht besteht, ist im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer hingegen allein der Versicherungsnehmer verpflichtet, § 116 Abs. 1 Satz 2 VVG.
Besonderheiten für den Innenausgleich gelten ferner im Anwendungsbereich des § 840 Abs. 2 und 3 BGB. Grundgedanke dieser Vorschriften ist, dass in Fällen, in denen auf der einen Seite nur eine Gefährdungshaftung oder eine Haftung aus vermutetem Verschulden, auf der anderen Seite jedoch erwiesenes Verschulden vorliegt, im Innenverhältnis derjenige den ganzen Schaden tragen soll, der nachweislich schuldhaft gehandelt hat. Außerdem entspricht die Vorschrift dem Grundsatz, dass derjenige, der seinerseits eine Pflicht verletzt hat, sich im Innenausgleich nicht mit Erfolg darauf berufen können soll, in Erfüllung dieser Pflicht nicht genügend überwacht worden zu sein. Im Ergebnis hat er den Schaden allein zu tragen, wenn er der einzige ist, der nachweislich schuldhaft gehandelt hat. Die nach § 840 Abs. 2 und 3 BGB im Ausgleichsverhältnis privilegierten Mitschuldner, die den Gläubiger befriedigen, können daher im Innenausgleich von dem aus Verschulden haftenden Mitschuldner vollständigen Ersatz verlangen. Den Bestimmungen der § 840 Abs. 2 und 3 BGB liegt somit eine gesetzlich festgelegte Gewichtung der Haftungsgründe (Verschulden, Gefährdung, sekundäre Verursachung durch schuldhafte Verletzung der Aufsichtspflicht) zugrunde, für den Fall der Aufsichtspflichtverletzung nach § 832 BGB mit der Besonderheit, dass die hilfsweise bestehende Billigkeitshaftung nach § 829 BGB im Innenverhältnis von Aufsichtsbefohlenem und Aufsichtspflichtigem völlig zurücktritt.
Rz. 1117
Die Anwendung des § 840 Abs. 2 und 3 BGB ist auf die genannten Tatbestände der §§ 831, 25 832 BGB und §§ 833 bis 838 BGB beschränkt. § 840 Abs. 3 BGB ist auf den – ausschließlich – nach StVG haftenden Fahrzeughalter nicht anwendbar.
Rz. 1118
Nach § 840 Abs. 3 BGB ist im Innenverhältnis zu den nach §§ 833–838 BGB Ersatzpflichtigen ein Dritter, der aus vermutetem oder tatsächlichen Verschulden haftet, allein ersatzpflichtig. Die Vorschrift erfasst auch den vom eigenen Tier mitverursachten Schaden des Tierhalters. Daher bleibt die Tiergefahr eines auf einem Reiterhof durchgehenden Pferdes, das gegen ein dort schuldhaft in der Fluchtbahn des Pferdes abgestelltes Kraftfahrzeug stößt und sich dabei schwer verletzt, außer Betracht. Geht es um die Haftung zweier Tierhalter untereinander und ist für die Entstehung des Schadens des einen Tierhalters auch die Tiergefahr seines eigenen Tiers mitursächlich, ist hingegen zu differenzieren: Ist für die Entstehung des Schadens auch die Tiergefahr des eigenen Tieres des Geschädigten mitursächlich, so muss sich der Geschädigte diese entsprechend § 254 Abs. 1, § 833 Satz 1 BGB mindernd auf seinen Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB anrechnen lassen. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Schädiger dem Geschädigten nicht nur aus § 833 Satz 1 BGB, sondern auch aus § 823 BGB haftet. Denn gegenüber der Verschuldenshaftung aus § 823 BGB kommt der Tiergefahr des...