Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 62
Das Eigentum bezeichnet das umfassende Herrschaftsrecht über eine Sache. Eine Legaldefinition gibt das BGB nicht, es nennt nur in § 903 BGB die Befugnisse des Eigentümers. Gegenstand des Eigentums sind nur bewegliche oder unbewegliche Sachen, nicht dagegen unkörperliche Gegenstände oder Forderungen.
Rz. 63
Das Vermögen als solches wird durch § 823 Abs. 1 BGB nicht geschützt. Der BGH hat immer wieder betont, dass selbst der von der Rechtsprechung erarbeitete Deliktsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht in einen allgemeinen deliktischen Vermögensschutz für Gewerbetreibende ausufern darf. Für eine Eigentumsverletzung ist im Unterschied zu einer (bloßen) Vermögensbeeinträchtigung eine – allerdings in verschiedenen Varianten mögliche – Einwirkung auf die Sache selbst erforderlich, die deren Benutzung verhindert. Ob und inwieweit die Rechtsprechung diesem Grundsatz nahtlos folgt, etwa wenn sie die gemäß § 946 BGB zum Verlust des Eigentums des Vorbehaltslieferanten führende Verbindung von Baumaterialien mit dem Baugrundstück als Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB beurteilt, wenn die Baustoffe unter einem verlängerten Eigentumsvorbehalt geliefert worden sind und zwischen Vorbehaltskäufer und dessen Auftraggeber ein Abtretungsverbot vereinbart worden ist, soll hier im Zusammenhang mit der Darstellung des Unfallhaftpflichtrechts nicht näher erörtert werden.
Rz. 64
Gegenstand einer für das Unfallhaftpflichtrecht bedeutsamen Eigentumsverletzung ist zunächst die Substanzverletzung, also die Zerstörung oder Beschädigung einer unbeschädigten Sache. Auch hier ist es gleichgültig, ob die Substanzverletzung unmittelbar oder nur mittelbar verursacht wurde: Wer etwa fahrlässig eine Freileitung des Elektrizitätswerks durchtrennt, haftet einem angeschlossenen Abnehmer für den Schaden, den dieser dadurch erleidet, dass auf ununterbrochene Stromzufuhr angewiesene Sachen (z.B. Eier in einem elektrischen Brutapparat) verderben. Anders liegt es, wenn der Stromausfall nicht den Untergang von Sachen bewirkt, sondern nur dazu führt, dass die Fertigung bestimmter Erzeugnisse vorübergehend unterbrochen wird. Insoweit handelt es sich um einen reinen Vermögensschaden. Sein Ersatz kann auch nicht aus dem Gesichtspunkt des unzulässigen Eingriffs in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gefordert werden, wenn die Durchtrennung eines Kabels – wie zumindest in aller Regel – keinen unmittelbaren, d.h. betriebsbezogenen Angriff auf das Unternehmen darstellt.
Rz. 65
In den Verfolgungsfällen (s.o.) wird selbstverständlich auch für Eigentumsverletzungen gehaftet. Deshalb haftet der Halter eines Kraftfahrzeuges, der sich der polizeilichen Festnahme durch Flucht unter Verwendung seines Kraftfahrzeuges entzieht, unter dem Gesichtspunkt des Herausforderns sowohl nach § 823 Abs. 1 BGB als auch nach § 7 StVG für einen bei der Verfolgung eintretenden Sachschaden an den ihn verfolgenden Polizeifahrzeugen, wenn dieser Schaden auf der gesteigerten Gefahrenlage beruht und die Risiken der Verfolgung nicht außer Verhältnis zu deren Zweck stehen. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Fahrer eines Polizeifahrzeugs zum Zwecke der Gefahrenabwehr vorsätzlich eine Kollision mit dem fliehenden Fahrzeug herbeiführt, um es zum Anhalten zu zwingen; insoweit besteht auch ein Direktanspruch nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG gegen den Haftpflichtversicherer des Fluchtfahrzeugs.
Rz. 66
Bei einer Veränderung oder Löschung auf Datenträgern gespeicherter Software ist das Eigentum am Datenträger verletzt.
Rz. 67
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der zuzustimmen ist, setzt die Verletzung des Eigentums nicht stets einen Eingriff in die Sachsubstanz voraus. Sie kann vielmehr auch durch eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache, also durch Gebrauchsbeeinträchtigung erfolgen. Ob bereits der begründete Verdacht, eine Gasleitung könne infolge des Befahrens des Schutzstreifens mit einem Bagger beschädigt worden sein, mit der Folge kostenträchtiger Überprüfungsmaßnahmen für die Annahme einer Eigentumsverletzung genügt, hat der BGH dahinstehen lassen; dies dürfte zu bejahen sein.
Rz. 68
Keinen rechtlich zurechenbaren Eingriff in das Eigentum am Nachbargrundstück oder einen dort eingerichteten Gewerbebetrieb stellt es dar, wenn wegen Brandes Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr vorübergehend dessen öffentliche Zufahrtstraße blockieren. Es wäre kaum verständlich, wenn man in einer kurzfristigen Störung des öffentlichen Verkehrs auf den Zufahrtswegen zu einem Betriebsgrundstück eine selbstständige Beeinträchtigung des Eigentums an dem Grundstück erblicken wollte. Derartige Störungen kommen alltäglich aus vielfältigen Gründen vor. Sie hinzunehmen, gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Eine abweichende Sichtweise würde zu einer unabsehbaren Klageflut führen.
Rz. 69
Das bloße Bestreiten des Eigentums eines Dritten und die damit verb...