Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 381
Derjenige, der die Verfügungsgewalt über ein Grundstück ausübt, hat soweit möglich und zumutbar dafür zu sorgen, dass von dort stehenden Bäumen keine Gefahr für die Rechtsgüter anderer, etwa auf öffentlichen Verkehrsflächen oder benachbarten Privatgrundstücken, ausgeht. Maßgebend für den Umfang der Verkehrssicherungspflicht für Bäume ist deren Standort. In Wäldern schränkt die Regelung des § 14 Abs. 1 BWaldG (dazu Rdn 382 ff.) die Verkehrssicherungspflichten ein. Weitergehende Verpflichtungen bestehen für Waldgrundstücke, die an eine öffentliche Straße angrenzen (dazu Rdn 387), und für Straßenbäume, wobei es entscheidend auf die Verkehrsbedeutung der Straße ankommt (dazu Rdn 389). Für Bäume auf Privatgrundstücken gelten demgegenüber nur geringe Anforderungen. So genügt es im Allgemeinen, wenn der Grundstückseigentümer regelmäßig die Standfestigkeit der Bäume selbst ohne Hinzuziehung eines Fachmanns überprüft. Zieht der Eigentümer einen Fachmann hinzu, darf er sich auf dessen Einschätzung verlassen, wenn er nicht hätte erkennen müssen, dass der Auftrag unzureichend war.
a) Grundsatz: Keine Haftung für waldtypische Gefahren
Rz. 382
Da dem unentgeltlichen Betretungsrecht gemäß § 14 Abs. 1 BWaldG (vgl. BT-Drucks 17/1220 S. 7) und entsprechenden landesrechtlichen Regelungen lediglich eine Duldungspflicht des Waldbesitzers (gemäß § 4 BWaldG ist Waldbesitzer der Waldeigentümer und der Nutzungsberechtigte, sofern dieser unmittelbarer Besitzer des Waldes ist) gegenübersteht, braucht dieser keine besonderen Vorkehrungen zum Schutz der Waldbesucher zu treffen. Eine Verkehrssicherungs- und Haftungspflicht des Waldeigentümers für typische Waldgefahren besteht grundsätzlich nicht. Zu den typischen Gefahren des Waldes, gegen die der Waldbesitzer Waldwege grundsätzlich nicht sichern muss, zählen solche, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben. Sie umfassen Gefahren, die von lebenden oder toten Bäumen ausgehen. Typische Waldgefahren, insbesondere das Herabfallen von Ästen oder das Umstürzen von Bäumen, sind alleiniges Risiko des Waldbenutzers. Bäume innerhalb eines geschlossenen Waldgebiets müssen in der Regel nicht darauf untersucht werden, ob bei ihnen eine Umsturz- oder Astbruchgefahr besteht. Die Regelung des § 14 Abs. 1 BWaldG entlastet Waldbesitzer, schließt aber die Verantwortlichkeit anderer Personen, die im Wald einen Verkehr eröffnen, nicht grds. aus (vgl. Rdn 489 f.).
Rz. 383
Die Benutzung von Waldwegen erfolgt auf eigene Gefahr; für diese ist der Waldbesitzer in der Regel nicht verkehrssicherungspflichtig. Waldwege sind dauerhaft angelegte oder naturfeste forstliche Wirtschaftswege. Mangels entsprechender Widmung sind sie keine öffentlichen Straßen nach dem Straßen- und Wegerecht.
b) Atypische Gefahren
Rz. 384
Nur für atypische Gefahren ist der Waldbesitzer verkehrssicherungspflichtig. Atypische Gefahren sind alle nicht durch die Natur oder durch die Art der Bewirtschaftung mehr oder weniger zwangsläufig vorgegebenen Zustände, insbesondere vom Waldbesitzer geschaffene oder geduldete Gefahren, die ein Walbesucher nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auf die er sich nicht einzurichten vermag, weil er nicht mit ihnen rechnet.
Rz. 385
Atypische Gefahren sind beispielsweise
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eine nicht hinreichend erkennbare Wegeabsperrung, wie etwa eine nicht mit Katzenaugen versehene Schranke. Wer einen Waldweg mit Weidedraht absperrt, muss diesen deutlich kenntlich machen. |
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Glasscherben, |
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nicht gesicherte Holzstapel, |
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Schotterhaufen über die gesamte Wegbreite. |