Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 24
Körperverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB bedeutet einen äußeren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Sie besteht in einer Befindlichkeitsbeeinträchtigung und nicht in dem morphologischen Substrat, durch das diese ausgelöst wird. Schutzgut des § 823 Abs. 1 BGB ist nicht die Materie, sondern das Seins- und Bestimmungsfeld der Persönlichkeit, das in der körperlichen Befindlichkeit materialisiert ist. Die Befindlichkeitsbeeinträchtigung darf allerdings nicht nur ganz unwesentlich sein; vor allem aber muss die nicht ganz unwesentliche Befindlichkeitsbeeinträchtigung im Wege des Vollbeweises nach § 286 ZPO nachgewiesen werden. Ob eine vom Schädiger zu verantwortende psychische Beeinträchtigung als Körperverletzung qualifiziert werden kann, ist letztlich eine semantische Frage. Jedenfalls kann es sich um eine Beeinträchtigung der Gesundheit handeln. Eine genaue Abgrenzung ist bei der praktischen Fallbearbeitung ohnehin meist entbehrlich, da die Rechtsfolgen in beiden Fällen gleich sind.
Rz. 25
Bei abgetrennten Körperteilen wird unterschieden, ob diese später wieder eingegliedert werden sollen oder nicht. Sollen sie wieder eingegliedert werden, bilden sie auch während der Trennung vom Körper nach dem Schutzzweck der Norm mit diesem weiterhin eine funktionale Einheit. Eine Beschädigung oder Vernichtung solcher ausgegliederter Körperteile stellt deshalb – gleichsam als Beschädigung des materialisierten Teils des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – eine Körperverletzung dar. Dies gilt etwa bei versehentlicher Vernichtung von eingefrorenem Sperma, für die zur Befruchtung entnommene Eizelle, für die Eigenblutspende sowie für Haut- oder Knochenbestandteile, die zur Eigentransplantation bestimmt sind.
Rz. 26
Bei endgültiger Trennung der Körperteile verlieren diese ihre Zuordnung zum geschützten Rechtsgut Körper und werden zu körperlichen Gegenständen im Sinne des § 90 BGB, ebenso wie z.B. nicht fest verbundene künstliche Körperteile wie Prothesen, Perücken und künstliche Gebisse. Auch die Schädigung des Sacheigentums kann Entschädigungsansprüche auslösen, etwa bei Schädigung von gespendeten Organen oder von fremdbestimmten Blutspenden. Weil aber auch hier das Sacheigentum gleichsam vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht überlagert wird, wird in diesen Fällen eine Entschädigung im Ergebnis nur unter den besonderen einschränkenden Voraussetzungen gewährt, die für Fälle einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entwickelt worden sind.