Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 705
Der Geschäftsherr darf es nicht dabei bewenden lassen, eine geeignete Person ausgesucht zu haben. Da seine Sorgfaltspflichten auf den Zeitpunkt des Schadensfalls ausgerichtet sind, umfassen sie über den Wortlaut des § 831 Abs. 1 BGB hinaus auch die laufende Überwachung des Verrichtungsgehilfen. Der Geschäftsherr muss sich fortwährend vergewissern, dass der Gehilfe die Fähigkeiten, die für seine Auswahl maßgebend waren, während der Verrichtungszeit auch behält. Hierzu muss er sich laufend von der ordnungsgemäßen Dienstausübung durch den Verrichtungsgehilfen überzeugen.
Art und Ausmaß dieser Überwachung lassen sich nicht nach starren Regeln beurteilen, sondern richten sich nach der Verkehrsanschauung und den Umständen des Einzelfalls; insbesondere sind zu berücksichtigen die Gefährlichkeit der übertragenen Tätigkeit und die Persönlichkeit des Gehilfen, sein Alter, seine Vorbildung und Erfahrung und seine bisherige Bewährung im Verhältnis zu der von ihm zu erfüllenden Aufgabe. Für die Überwachung muss der Geschäftsherr hinreichend ausgebildete und fachkundige Personen einsetzen. Allerdings muss sich nicht derjenige Mangel des Gehilfen im Schadensfall ausgewirkt haben, den der Geschäftsherr bei der Überwachung erkennen musste, aber schuldhaft nicht beachtet hat.
Rz. 706
Im Einzelfall können eine unauffällige Überwachung und unerwartete Kontrollen erforderlich sein. Bei langjährig unfallfrei und verkehrsrechtlich unbeanstandet fahrenden Kraftfahrern kann sich der Arbeitgeber durch persönlichen Eindruck und die Auswertung der Fahrtenschreiber von der Fahrerqualität überzeugen. Jedoch werden selbst dann unauffällige Kontrollfahrten oder ähnliche Überwachungsmaßnahmen unerlässlich sein. Auch ärztliche Untersuchungen können erforderlich werden. Bei Berufsanfängern oder konkreten Anhaltspunkten für Tätigkeitsmängel erfordert die Überwachungssorgfalt strengere Kontrollen.
Rz. 707
Ein Kraftfahrer, der mit dem Betanken von Ölheizanlagen betraut ist, muss über die üblichen technischen Einrichtungen und die Einzelheiten des Abfüllvorganges unterrichtet werden. Bemerkt ein Arbeitgeber etwa, dass ein langjähriger Angestellter, der Kraftfahrzeuge fährt, zu trinken beginnt, so muss er eingreifen. Bei einem Busfahrer muss sich der Geschäftsherr nicht nur von der technischen Geschicklichkeit des Fahrers, sondern auch von seiner charakterlichen Zuverlässigkeit überzeugen und ihn ferner regelmäßig über das Verhalten bei spezifischen Gefahrenlagen belehren. Ähnlich hohe Anforderungen gelten auch hinsichtlich des Entlastungsbeweises für einen Müllfahrer.
Rz. 708
Bei Privatleuten, die einen Kraftfahrer, Gärtner, Hauswart etc. beschäftigen, genügt es, wenn der Geschäftsherr sich durch Stichproben von der Zuverlässigkeit überzeugt. Fehlt ihm die Sachkenntnis für die Tätigkeit des Gehilfen, so muss er mindestens dessen allgemeine Pünktlichkeit, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit beaufsichtigen.