Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 1172
§ 17 StVG enthält keine Anspruchsgrundlage für Ersatzansprüche aus einem Unfallgeschehen, sondern setzt einen Anspruch des Unfallgeschädigten, v.a. aus Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG, aus vermutetem Verschulden nach § 18 StVG, Delikt nach § 823 BGB oder Amtshaftung nach § 839 BGB voraus.
Rz. 1173
§ 17 StVG ist ein Sondertatbestand gegenüber § 9 StVG und § 254 Abs. 1 BGB. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die Abwägungskriterien nach Verursachungsanteilen aufgrund gefestigter Rechtsprechung weitestgehend gleich gesehen und beurteilt werden. Die objektiven Ausgleichsfaktoren der Verursachungsanteile stehen grundsätzlich im Vordergrund, bei der Bewertung des Mitverschuldens von Kindern allerdings erweitert um die Betrachtung der subjektiven Faktoren. In der Regel ist ein Mitverschulden von Kindern und Jugendlichen geringer zu bewerten als das entsprechende Mitverschulden eines Erwachsenen. Eine vollständige Haftungsfreistellung des Fahrzeughalters wird bei einem Unfall mit einem Kind umso weniger in Betracht kommen, je jünger das Kind ist und ist nur dann denkbar, wenn auf Seiten des Kindes, gemessen am altersspezifischen Verhalten, ein besonders vorwerfbarer Verstoß vorliegt.
Rz. 1174
Grundsatz ist also, dass der Geschädigte sich eine bei der Schadensentstehung mitwirkende Sach- oder Betriebsgefahr oder einen sonstigen Verursacherbeitrag anspruchsbeschränkend anrechnen lassen muss, wenn dies im Wege der Abwägung nicht im Einzelfall ausgeschlossen ist.
Rz. 1175
Soweit über § 16 StVG auf die allgemeinen Haftungstatbestände verwiesen wird oder Ansprüche direkt auf §§ 823 ff. BGB gestützt werden, greift § 17 StVG nicht direkt ein. Dies führt in allen Fällen, in denen ein Kraftfahrzeug bei der Entstehung eines Schadens mitgewirkt hat, nicht zu einer substanziell abweichenden Beurteilung der Ausgleichspflicht im Innenverhältnis. Infolge der erweiternden Auslegung des § 254 Abs. 1 BGB, mit der die Rechtsprechung die Einbeziehung der mitwirkenden Betriebsgefahr und sonstiger haftungsbegründender Gefahrtatbestände begründet hat und zugleich die entsprechende Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB auf den Innenausgleich gesamtschuldnerischer Verhältnisse befürwortet, gelten dieselben Abwägungsgrundsätze unabhängig davon, ob § 17 StVG anzuwenden ist oder allein § 254 Abs. 1 BGB.
Rz. 1176
Zwischen Halter und Fahrer richtet sich der Innenausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB. Im Grundsatz gilt die Haftung nach Kopfteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Hier ist zunächst an vertragliche Regelungen zu denken, durch die abweichende Regelungen für den Innenausgleich getroffen sein können. Beachtlich sind vor allem die von der Rechtsprechung entwickelten Haftungsbeschränkungen für betrieblich veranlasste Tätigkeiten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Im Übrigen ist entsprechend § 254 Abs. 1 BGB nach Verursachungsanteilen unter Einbeziehung mitwirkenden Verschuldens abzuwägen, wobei auch hier – etwa im Verhältnis zwischen Halter und Fahrer – zugunsten des Fahrzeugführers die Betriebsgefahr ins Gewicht fallen kann, wenn diese durch schuldhaft zu verantwortende Sicherungsmängel des zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuges erhöht war. Umgekehrt wiegt zugunsten des Halters ein verschuldeter Verkehrsverstoß des Fahrzeugführers.