Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 1094
Einem geschädigten Gläubiger stehen oft nicht nur ein, sondern gleich mehrere Schuldner gegenüber. Ob und inwieweit der Geschädigte von den Verursachern seines Schadens Ersatz als Gesamtschuldner verlangen kann, hängt damit zusammen, ob sie als Gesamtschuldner haften, ferner davon, ob sich einzelne oder alle Schadensverursacher gegenüber dem Geschädigten auf anspruchskürzende Besonderheiten berufen können.
Rz. 1095
Soweit die gesamtschuldnerische Haftung das Verhältnis zwischen Schuldner und Geschädigtem regelt, handelt es sich um das schadensrechtliche Außenverhältnis. Hier hat der Gläubiger den Vorteil, dass er grundsätzlich frei wählen kann, an welchen Gesamtschuldner er sich hält. Der in Anspruch genommene Gesamtschuldner hat dies hinzunehmen. Allenfalls in eng begrenzten Ausnahmefällen kann das Wahlrecht des Gläubigers durch den allgemeinen Rechtsmissbrauchseinwand begrenzt sein. Wird ein Schuldner insolvent, so erwächst dem Gläubiger daraus kein Nachteil, solange zumindest einer der Gesamtschuldner zahlungsfähig bleibt. Denn das Insolvenzrisiko tragen gemäß § 426 Abs. 1 S. 2 BGB die übrigen Schuldner. Das gilt natürlich nur in dem Umfang, in dem sämtliche Schuldner als Gesamtschuldner zur Leistung verpflichtet sind.
Rz. 1096
Vom Außenverhältnis zu unterscheiden ist das Innenverhältnis, also das Verhältnis der Gesamtschuldner untereinander. Hier entscheidet sich, in welchem Umfang jeder einzelne Schuldner letztlich für den Schaden aufkommen muss. Erreicht wird dies durch Ausgleichsverpflichtungen der Schuldner untereinander. Die Grundregel der Ausgleichspflicht ergibt sich aus § 426 BGB.
Rz. 1097
Nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB sind die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Das Gesetz geht folglich von der Regel aus, dass Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen für einen in ihren Verantwortungsbereich fallenden Schaden einzustehen haben. Abweichungen von diesem Grundgedanken, der in Abs. 1 S. 2 auf die Ausgleichspflicht bei Ausfall eines oder mehrerer Gesamtschuldner erweitert wird, bedürfen im Streitfall der besonderen Begründung und gegebenenfalls des Beweises durch denjenigen, der sich auf die Abweichung beruft.
Rz. 1098
Ausgleichsansprüche in gesamtschuldnerisch gebundenen Innenverhältnissen setzen die Inanspruchnahme durch den Gläubiger nicht voraus, da die Ausgleichspflicht schon mit der Entstehung der fälligen Gesamtschuld entsteht. Der Ausgleichsanspruch besteht zunächst als Mitwirkungs- und Befreiungsanspruch und wandelt sich nach Befriedigung des Gläubigers in einen Zahlungsanspruch um. Dieser Anspruch ist inhaltlich auf den Teil beschränkt, der im Innenverhältnis auf den anderen Mitschuldner entfällt.
Rz. 1099
Haftet ein Gesamtschuldner einem Gläubiger über die Gesamtschuld hinausgehend noch weiter allein und erbringt er dem Gläubiger eine Leistung, die bezogen auf den gesamten Anspruch des Gläubigers nur als Teilleistung anzusehen ist, ist diese bei Fehlen einer wirksamen anderweitigen Tilgungsbestimmung und sofern sich aus den Fälligkeiten der Gesamtschuld und des weiteren Betrages nichts anderes ergibt, entsprechend § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf den von ihm allein geschuldeten Betrag zu verrechnen. Hat er den Gläubiger vollständig befriedigt oder jedenfalls mehr geleistet, als es seinem eigenen Anteil im Innenverhältnis entspricht, dann steht ihm ein Ausgleichsanspruch zu. Auch dieser ist auf den vom jeweiligen Mitschuldner zu tragenden Anteil beschränkt und allenfalls dann erhöht, wenn einer der Ausgleichsschuldner ausfällt, § 426 Abs. 1 S. 2 BGB.
Rz. 1100
Stehen dem ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner mehrere zum Ausgleich verpflichtete Mitschuldner gegenüber, so haften diese dem ausgleichsberechtigten Schuldner grundsätzlich nicht als Gesamtschuldner und jeweils nur im Umfang ihres konkreten Anteils. Bilden mehrere ausgleichsverpflichtete Gesamtschuldner eine Haftungseinheit, sind sie zusammen wie ein Schädiger zu behandeln, d.h. diese in einer Haftungseinheit verbundenen Gesamtschuldner haften dem außerhalb dieser Haftungseinheit stehenden Mitschuldner dann in Höhe des auf die Haftungseinheit entfallenden Anteils wiederum nur als Gesamtschuldner.
Rz. 1101
Von dem originären Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB ist der Anspruch des Gläubigers zu unterscheiden, der nach Zahlung in Höhe der durch das Innenverhältnis bestimmten Quote auf den leistenden Mitschuldner im Wege der Legalzession gemäß § 426 Abs. 2 BGB übergeht. Beide Ansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB, die gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Dabei ist die Verjährung des Ausgleichsanspruchs aus § 426 Abs. 1 BGB v...