Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
1. Tierhaltereigenschaft
Rz. 764
Die Haftung nach § 833 BGB trifft den Tierhalter. Das ist derjenige, in dessen Gesamtinteresse das Tier gehalten wird und dessen Betrieb oder Haushalt es dient. Dafür ist maßgeblich darauf abzustellen, wem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht, wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt, wer sozusagen der "Unternehmer" des mit der Tierhaltung verbundenen Gefahrenbereichs ist. Das Merkmal der Haltereigenschaft dient der Zuordnung der Gefahrenquelle zum Gefahrenverantwortlichen, also zu derjenigen Person, die das Tier im eigenen Interesse nutzt und über seine Verwendung und Existenz entscheidet. Das Eigentum ist nicht entscheidend für die Haltereigenschaft, kann aber ein gewichtiges Indiz sein. Gleiches gilt für die Frage, wer das Tier versichert hat und wessen unmittelbarer Einwirkung das Tier zur Zeit des Schadensfalls unterlag. Die maßgeblichen Gesichtspunkte sind anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu überprüfen und erforderlichenfalls gegeneinander abzuwägen.
Rz. 765
Die Tierhaltereigenschaft beginnt regelmäßig beim Erwerb eines Tieres mit Gefahrübergang, also der Übernahme von Bestimmungsmacht, Kosten und Risiken; in anderen Fällen ist auf die von außen erkennbare Übernahme der Haltereigenschaft abzustellen. Die Tierhaltereigenschaft bleibt unberührt, wenn das Tier vorübergehend der unmittelbaren Verfügungsgewalt eines Dritten unterliegt, es etwa vermietet, verliehen, anderswo untergestellt, gepfändet, einem Viehhändler auf Kommission, einem Hufschmied, Tierarzt oder jemandem zur Ausbildung übergeben wird oder entlaufen ist.
Die Tierhaltereigenschaft endet erst in dem Zeitpunkt, in dem der bisherige Halter oder Mithalter die tatsächliche Herrschaft über das Tier einem anderen vollständig überlässt. Für einen Polizeihund ist das jeweilige Bundesland Tierhalter, nicht der den Hund führende Polizeibeamte. Ein Reitverein ist Tierhalter im Sinne der Vorschrift. Inhaber einer Reitbeteiligung sind demgegenüber auch bei regelmäßiger Entgeltzahlung und Mithilfe im Stall keine Tierhalter.
Rz. 766
Tierhalter sind beispielsweise auch:
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Der Imker für seine Bienenvölker, |
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der Betreiber eines Wildparks für die darin eingestellten Wildtiere, |
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der Fleischgroßhändler oder der Metzger für das zum Schlachten gekaufte Vieh, |
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der Tierschutzverein für die in seinem Tierheim endgültig abgegebenen Tiere und |
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die Gemeinde für die Schwäne in ihrem Park, die sie betreut und versorgt, und für ihr Wildgehege mit Publikumszugang. |
2. Mehrheit von Tierhaltern und Geschädigten
Rz. 767
Mehrere Halter eines Tieres haften Dritten gegenüber als Gesamtschuldner nach § 840 Abs. 1 BGB. Schäden, die ein Mithalter infolge der Auswirkungen der Tiergefahr seines Tieres erleidet, sind hingegen nicht vom Schutzzweck d...