Rz. 607

Hat ein nach §§ 827, 828 BGB nicht Verantwortlicher einen ihm entstandenen Schaden, für den ihm ein anderer haftet, selbst mitverursacht, so ist § 829 BGB im Rahmen des § 254 BGB entsprechend anzuwenden.[1773] Jedoch ist bei dieser Anwendung des § 829 BGB zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen, von denen das Gesetz die unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift abhängig macht, erst recht in dem umgekehrten Fall vorliegen müssen, wobei es hierzu nur in Ausnahmefällen kommen wird.[1774] Die Voraussetzungen des § 829 BGB, insbesondere hinsichtlich der Billigkeitserwägungen, sind also in vollem Umfang zu prüfen. Das Bestehen einer Haftpflichtversicherung ist hier schon deshalb ohne Bedeutung, weil der eigene Schadensersatzanspruch des Unzurechnungsfähigen lediglich herabgesetzt werden oder ganz wegfallen soll. Haftet der Schädiger nur aufgrund der Gefährdungshaftung (§ 7 StVG), erfordert die Billigkeit nicht zwingend eine Entlastung des Schädigers gegenüber einem schwer geschädigten mittellosen Geschädigten.[1775] Mit Blick auf den Zweck der Gefährdungshaftung und die in der Regel bestehende Haftpflichtversicherung des Schädigers, erscheint nach hier vertretener Ansicht eine Mithaftung aus § 829 BGB allenfalls in extremen Ausnahmefällen als denkbar; selbst bei einer durch die Haftpflichtversicherung abgedeckten Verschuldenshaftung wird es kaum je als billig erscheinen, eine solche Mithaftung zu bejahen.[1776]

[1773] BGHZ 37, 102; BGH, Urt. v. 24.6.1969 – VI ZR 15/68, VersR 1969, 860.
[1774] BGH, Urt. v. 24.6.1969 – VI ZR 15/68, a.a.O.; BGH, Urt. v. 26.6.1973 – VI ZR 47/72, MDR 1973, 921.
[1775] BGH, Urt. v. 19.5.1970 – VI ZR 54/69, VersR 1070, 820: Verkehrsunfall eines fünfjährigen Kindes.
[1776] Dahin gehend auch KG, Urt. v. 31.10.1994 – 12 U 4031/93, VersR 1996, 235; OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.10.1987 – 14 U 229/85, VersR 1989, 925.

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