Rz. 3
Primär sind die Interessen des Urhebers darzulegen. Dietz hat sich wiederholt mit der Person des Urhebers als "nicht unangefochtene Zentralfigur des Urheberrechtssystems" befasst und dessen Schutzbedürfnis herausgestellt. Er sieht den Urheber als Zentralfigur des Urheberrechtsschutzes und verlangt im Hinblick auf die Entwicklung des Urheberrechts zum Recht der Kulturwirtschaft einen "gerechten Ausgleich zwischen Schöpfer und Verwerter herzustellen". Das Recht der wirtschaftlichen Verwertung wird als eine Ausprägung auch im Hinblick auf Art. 14 GG besonders hervorgehoben und allgemein die "Vermarktung" durch die Kultur- und Medienindustrie kritisiert. Wörtlich heißt es dort:
Zitat
"Den neuen Roman des Erfolgsautors wollen diese "Medienkonzerne" demgemäß nicht nur als Buch unter die Leute bringen, sondern auch verfilmen, den Film wollen sie in Kinos, in ihren eigenen Fernsehsendern und auf Kassette auswerten. Wenn das Werk ein Erfolg wird, soll es auch im konzerneigenen Radio und auf Platte gelesen und für die Bühne dramatisiert werden, vielleicht gar als Libretto für eine Oper dienen; diese letztere Auswertung übernimmt dann ein zur Gruppe gehörender Bühnenverlag. Dass das Werk in fremde Sprachen übersetzt und diese Übersetzungen in gleicher Weise von den im Ausland tätigen Konzernfirmen verwertet werden, versteht sich von selbst."
Rz. 4
In ähnlicher Weise argumentiert auch Wandtke, weshalb auch hier auf die besonderen Auswirkungen der Kommerzialisierung in § 1 Rdn 27 hingewiesen wurde.
Rz. 5
Diesem Ansatz wird zunächst gefolgt. Die immer wieder aufgeführte "schwache Position" bedarf allerdings der genaueren Betrachtung. Abgesehen davon, dass die wirtschaftliche Verwertung des Urheberrechts nicht der einzige Ansatzpunkt ist, daneben der im kontinental-europäischen Urheberrechtssystem besonders ausgeprägte Urheberpersönlichkeitsschutz tritt, kann nicht ohne weiteres ein Schutzbedürfnis konstatiert werden.
Rz. 6
Stellt man tatsächlich das urheberrechtliche Werk in den Mittelpunkt, so ist dessen "Wert" die eigentliche Bezugsgröße. Hier setzt die Kritik gegenüber den von Dietz zugrunde liegenden Überlegungen zum "Urheberstatus" an, denn es wäre ja kaum nachvollziehbar, die Position des Urhebers zu den Medienkonzernen ohne Berücksichtigung des Werkes in Beziehung zu setzen. Es geht nicht darum, etwa das Vermögen des Urhebers an sich, sondern nur den Teil zu betrachten, der sich als "Arbeitsleistung" manifestiert. Zudem ist auch nicht der Verbraucherschutz Gegenstand der Betrachtung, schon deshalb nicht, weil der Konzern nichts verkauft, sondern sich die Verwertungsrechte zu Nutze macht. So richtig es ist, dass der ganz überwiegende Teil der Urheber nicht von den Erträgen ihrer Arbeit leben kann, so falsch wäre es, allein aus diesem Befund ein besonderes Schutzbedürfnis für den Urheber herzuleiten. Wie der Begriff "Werk" schon deutlich zum Ausdruck bringt, geht es auch nicht darum, das Bemühen des Urhebers zu belohnen, sondern alleine das Ergebnis des Schaffensprozesses zu betrachten. Interessenausgleich setzt aber nun eine Bewertung der unterschiedlichen Positionen voraus, womit sich dann die Frage nach der Bewertung des urheberrechtlichen Werkes stellt. Was aber sollten die Kriterien für die Bewertung sein? Unausgesprochen findet man diesen Ansatz im Zusammenhang mit der Diskussion um die Schutzwürdigkeit der "kleinen Münze", namentlich bei der angewandten Kunst oder auch neueren Arten der Popmusik. Erstaunlich und in gewisser Weise inkonsequent wird in diesem Kontext die Kommerzialisierung insofern missverstanden, als die angeblich fehlende Gestaltungshöhe und der kommerzielle Erfolg in Bezug zueinander gesetzt werden. Hat eine Popmusikproduktion Erfolg, so spräche dies doch zunächst für "Qualität" in dem Sinne, dass sich das entsprechende Werk gut verwerten lässt. Nun aber scheint es so zu sein, dass die "Ausbeutung" des Urhebers in einer gewissen Übervorteilung vermutet wird, etwa dadurch, dass ein Medienkonzern zu sehr günstigen Bedingungen die Rechte an diesem Werk "einkauft". Da in unserem Beispielsfall nicht selten die Autoren, die den Urheber prinzipiell schützen wollen, aber gerade das Werk als Ergebnis seines geistigen Schaffens als sehr gering einschätzen, müssten diese an sich die besondere Schutzbedürftigkeit leugnen. Um es deutlich zu sagen: Warum sollte ein Urheber von vornherein einen besonderen Schutz erfahren, wenn er eine Komposition "auf den Markt bringt", die lediglich zum x-ten Male das Blues-Schema variiert. Woraus leitet sich das besondere Schutzbedürfnis her? Gegenstand der Bewertung ist eben nicht der Künstler, sondern sein Werk. Um Missverständnissen vorzubeugen: Diese Ausführungen sollen keineswegs die vielfach schlechte wirtschaftliche Situation der meisten Urheber, insbesondere der bildenden Künstler, infrage stellen, noch weniger ist bezweckt, deren Werke "abzuwerten"; vielmehr geht es alleine darum, den allgemeinen Ansatz des angeblich schwachen "Urheber...