Rz. 507

Zur Sicherung der Durchsetzung von Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen wurden in 2008 §§ 101a und 101b UrhG eingefügt.[720]

 

Rz. 508

Der Anspruch auf Vorlage und Besichtigung (§ 101a UrhG) dient der Gewinnung von Beweismitteln. Danach kann (auch) im Wege der einstweiligen Verfügung derjenige zur Vorlage einer Urkunde oder Duldung der Besichtigung einer Sache verpflichtet werden, wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Schutzrechtsverletzung begangen hat. Geschieht die Verletzung in gewerblichem Ausmaß (siehe dazu oben zum Drittauskunftsanspruch Rdn 499), erstreckt sich die Vorlagepflicht auch auf Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen (Abs. 1 S. 2). Soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten (Abs. 1 S. 3). Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist (Abs. 2). Die Modalitäten der Vorlage richten sich nach § 811 BGB (Abs. 4). Erfolgte das Vorgehen gegen den vermeintlichen Verletzer zu Unrecht, so steht diesem gegen denjenigen, der die Vorlage oder Besichtigung begehrt hat, ein Schadensersatzanspruch zu.

 

Rz. 509

 

Beispiel

In einer Entscheidung des BGH[721] wurde ein Besichtigungsanspruch aus § 809 BGB im Hinblick auf einen hinter einer so genannten Faxkarte stehenden Quellcode eines Computerprogramms gewährt. Dieser Anspruch kann auch einem Urheber zustehen, der sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache (hier: der Quellcode) unter Verletzung des geschützten Werkes hergestellt worden ist. Voraussetzung ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Verletzung.

 

Rz. 510

Zur Sicherung der Erfüllung des Schadensersatzanspruchs (§ 101b UrhG) kann der Verletzer bei einer in gewerblichem Ausmaß (zu diesem Begriff schon oben zu § 101 siehe Rdn 501) begangenen Rechtsverletzung auf Vorlage von Bank-, Finanz-, oder Handelsunterlagen in Anspruch genommen werden, wenn ohne diese Vorlage die Zwangsvollstreckung des Schadensersatzanspruchs gefährdet würde. Damit soll dem Rechtsinhaber ausreichende Kenntnis über das Vermögen des Verletzers gesichert werden, um die Durchsetzung seiner Ansprüche wirksam betreiben zu können. Zum Schutz vertraulicher Informationen des Verletzers trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten (Abs. 3).

[720] Vgl. BGH v. 29.6.2006 – I ZR 235/03, GRUR 2006, 962 (Restschadstoffentfernung).
[721] BGH v. 20.9.2012 – I ZR 90/09, ZUM-RD 2013, 371 (Besichtigungsanspruch Quellcode); zur Rechtslage vor 2008 siehe BGH v. 2.5.2002 – I ZR 45/01, GRUR 2002, 1046 (Faxkarte); dazu auch Tilmann/Schreibauer, GRUR 2002, 1015.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?