Rz. 140

Die Miturheberschaft ist in § 8 UrhG ausdrücklich anerkannt. Sie bezieht sich auf die gemeinsame Arbeit an einem einheitlichen Werk.[228] Abzugrenzen ist sie von der Werkverbindung gem. § 9 UrhG und der Bearbeitung gem. §§ 3, 23 UrhG. Gemeinsame Werke sind solche, deren Anteile sich nicht gesondert bewerten lassen. Dabei muss der einzelne Beitrag des Miturhebers im Hinblick auf das gemeinsame Werk eigenes schöpferisches Gewicht aufweisen, da anderenfalls etwa bei einem ganz untergeordneten Beitrag allenfalls von Gehilfenschaft die Rede sein kann, die aber die Anforderung an den Urheberbegriff nicht erfüllt.[229]

 

Rz. 141

Weder der Auftraggeber noch der Ideenanreger können deshalb als Urheber angesehen werden. Im Verhältnis von Hochschullehrer zu Doktorand ist also alleine Letzterer Urheber.[230] Allerdings brauchen die Miturheber nicht jeden Beitrag gemeinsam zu erbringen, denkbar ist vielmehr auch die stufenweise Entstehung des Werkes und deshalb auch der stufenweise Einzelbeitrag, etwa zur Erstellung eines Computerprogramms.[231]

 

Rz. 142

Wird allerdings die Arbeit eines anderen Urhebers fortgesetzt, so ist im Zweifel von einer Bearbeitung des vorhandenen Werkes auszugehen, sodass der Nachfolgende nicht als Miturheber, sondern als Bearbeiterurheber (gem. § 23 UrhG) anzusehen ist.[232] Besonderheiten gelten hinsichtlich des Filmwerkes, da dort die Beiträge mehrerer Urheber zu einem einheitlichen Werk (Gesamtwerk) verschmelzen. In diesem Falle sind die Urheber der verschmolzenen Werke, namentlich Drehbuchautoren, Lichtbildner sowie Komponisten der Filmmusik, nicht als Urheber untereinander zu sehen, sondern alleine der Regisseur, eventuell als Miturheber neben dem Kameramann, dem Cutter, Tonmeister und eventuell noch den Darstellern.[233]

 

Rz. 143

 

Hinweis

Die Darlegungs- und Beweislast für die Miturheberschaft trägt derjenige, der sich darauf beruft. Umgekehrt muss derjenige, der die Miturheberschaft widerlegen will, die Alleinurheberschaft darlegen und beweisen.[234]

 

Rz. 144

Rechtsfolge der Miturheberschaft ist das Recht zur Veröffentlichung und Verwertung des Werkes zur gesamten Hand. Änderungen des Werkes sind nur mit Einwilligung des Miturhebers zulässig, wobei ein Miturheber jedoch seine Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung oder Änderung nicht wider Treu und Glauben verweigern darf. Aus dem Verweis auf die Gesamthandsgemeinschaft gem. §§ 709 ff. BGB folgt zunächst das Prinzip der Einstimmigkeit, das im Hinblick auf § 709 Abs. 2 BGB vertraglich dahin abgewandelt werden kann, dass Mehrheitsabstimmungen möglich sein sollen.[235] § 8 Abs. 3 UrhG regelt, dass die Erträge aus der Nutzung des Werkes Miturhebern anteilig zustehen, wobei nicht die Bedeutung des Beitrages, sondern der quantitative Umfang maßgeblich ist.[236] Abweichende Vereinbarungen sind hier möglich. Ein Miturheber kann auf seinen Anteil an den Verwertungsrechten verzichten, wobei dieser Verzicht den anderen Urhebern gegenüber zu erklären ist und mit dieser Erklärung der entsprechende Anteil den anderen Miturhebern anwächst (§ 8 Abs. 4 UrhG).

 

Hinweis

Der BGH[237] hat entschieden, dass eine BGB-Gesellschaft mehrerer Urheber selbst auch Berechtigte urheberrechtlicher Ansprüche sein kann.

[228] Fromm/Nordemann/Wirtz, Urheberrecht, § 8 Rn 1.
[229] Fromm/Nordemann/Wirtz, Urheberrecht, § 8 Rn 5, 6; zur BGB-Gesellschaft von Mitautoren siehe Becker, ZUM 2002, 581; BGH v. 26.2.2009 – I ZR 142/06, GRUR 2009, 1046 Rn 38 (Kranhäuser); BGH v. 23.2.2012 – I ZR 6/11, ZUM-RD 2012, 510 (Kommunikationsdesigner).
[230] Kraßer/Schricker, Patent- und Urheberrecht an Hochschulen, S. 146 ff.; vgl. auch § 24 HRG, wonach bei Veröffentlichung von Forschungsergebnissen Mitarbeiter, die einen eigenen wissenschaftlichen oder sonstigen Beitrag geleistet haben, als Mitautoren zu nennen sind.
[233] Fromm/Nordemann/J.B. Nordemann, Urheberrecht, § 89 Rn 13–18.
[235] Zum Muster eines Miturhebervertrages vgl. Nordemann, in: Münchener Vertragshandbuch, Bd. 3, IX. 3, S. 829 ff.
[236] Fromm/Nordemann/Wirtz, Urheberrecht, § 8 Rn 27.
[237] BGH v. 23.3.2012 – I ZR 6/11, NJW 2012, 2805 (BGB-Gesellschaft).

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